von Felicia Chacón Díaz und Björn Pawlak
Das südamerikanische Reich der Inka hatte seine Blütezeit zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert nach Christus. Damals umfasste es ein Gebiet, zu dem Teile der heutigen Staaten Kolumbien, Ecuador, Peru, Chile, Bolivien und Argentinien gehörten. Die Inka waren neben den Maya und den Azteken eine der drei großen Hochkulturen in Amerika vor der Eroberung durch die Spanier, die durch die Ankunft von Christoph Kolumbus im Jahr 1492 eingeleitet wurde.
Ähnlich wie die Azteken errichteten auch die Inka ihr Großreich durch Eroberungsfeldzüge und durch die Unterwerfung benachbarter Völker. Im Hochland der Anden haben 90 Prozent der dort ansässigen Inka-Völker die Eroberung durch die Spanier nicht überlebt. In der Inka-Periode entstanden mächtige Terrassen, Festungen, Tempel, Paläste, Straßen, Brücken, Bewässerungskanäle und Bergwerke.
Die offizielle Sprache der Inka war Quechua, daneben sprachen die Bewohner des riesigen Reiches aber auch zahlreiche weitere Sprachen. Der jeweilige Herrscher des Inka-Reiches wurde "Sapay Inca" genannt, was wörtlich übersetzt soviel wie "Ich bin der einzige Inka" heißt. Der Sapay Inca als oberster Herrscher wurde von seinen Untertanen als "Gott-Kaiser" verehrt - man nannte ihn auch "Inti Churin" ("Sohn der Sonne") oder "Apua Inca" ("großer Herr").
Das Reich der Inka - ein riesenhaftes Gebilde
Das Einflussgebiet der Inka erstreckte sich über ein riesiges Territorium - von Nord nach Süd hatte es eine Länge von ungefähr 5.000 Kilometern, seine Fläche betrug annähernd 200.000 Quadratkilometer. Begrenzt wurde es im Norden durch den Fluss Angasmayo ("Rió Angasmayo") im heutigen Kolumbien, im Süden durch den Fluss Maule (Río Maule) im heutigen Chile und im Westen durch die Küste des Pazifischen Ozeans - zwischen diesen natürlichen Grenzen erstreckt sich das einstige Kernland des Inka-Reiches, das Anden-Gebirge.
Die Inka selbst nannten ihr Reich "Tahuantinsuyu", das bedeutet übersetzt soviel wie "Land der vier Teile". Mit den vier Teilen - auch "Weltgegenden" genannt - sind die Provinzen gemeint, namentlich waren das "Collasuyu" (im Süden), "Cuntisuyu" (im Westen), "Chinchasuyu" (im Norden) und "Antisuyu" (im Osten). Die Inka-Hauptstadt hieß "Qusqu" (in spanischer Schreibweise "Cusco") und war im Hochgebirge des heutigen Peru gelegen. Von Qusqu aus führten 40 Straßen strahlenförmig in alle Himmelsrichtungen.
Der Inkakönig als Herrscher seines Reiches
Die gesellschaftliche Ordnung im Reich der Inka war als "theokratische Monarchie" streng organisiert. "Theokratie" nennt man die Staatsform, bei der staatliche und religiöse Gewalt vereint sind - im Namen stecken die griechischen Worte "theos" (das bedeutet "Gott") und "kratos" (das bedeutet "Macht").
In einem theokratisch organisierten Staat wird der Herrscher als Gott verstanden. Gleichzeitig diente aber auch der Inkakönig, wie das übrige Volk, dem wahren Gott, dem Sonnengott "Inti". Ein altes Sprichwort der Inka über das eigene Volk lautet "ama llulla - ama qillqa - ama suwa", das bedeutet "das Volk der Sonne lügt nicht, stiehlt nicht und ist nicht faul".
Im weitesten Sinne nennt man heute alle im Inka-Reich lebenden Menschen "Inka", eigentlich hieß jedoch nur der Inka-Herrscher so ("der Inka"). An der Spitze des Inka-Staates stand immer ein Mann. Das ganze Imperium wurde in Regionen unterteilt. Die Untereinheiten hießen "Wamani", diese waren gegliedert in die noch kleineren Einheiten der "Sayas" und "Ayllús". Der Ayllú war zwar mehr als die Familie, aber familiäre Bindungen, auch Eheschließungen, spielten hier eine große Rolle. Innerhalb der Ayllús wurde auch die Landwirtschaft als Lebensgrundlage der Inka organisiert.
Arbeitsteilung im Inka-Reich
Über annähernd drei Jahrhunderte war es den Menschen im Inka-Reich gelungen, eine strenge aber auch gerechte Gesellschaftsordnung aufrechtzuerhalten. Die Menschen waren dem Inka-Staat gegenüber verpflichtet, Arbeit zum Wohle der Allgemeinheit zu leisten. Durch die besondere staatliche Organisationsform wurde auch für die sozial Schwächeren Sorge getragen - wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass Mangel- oder Unterernährung innerhalb der Inka-Bevölkerung nicht vorkam.
Ernährung, Kleidung, Wohnraum und Werkzeuge wurden im Inka-Reich je nach Bedürfnislage untereinander geteilt und ausgetauscht, eine Geldwirtschaft gab es nicht. Zur Verwaltung des riesigen Gebietes bauten die Inka einen Beamtenstaat auf, ähnlich wie die alten Ägypter und Römer. Ansonsten wurden die verschiedenen Arbeiten aufgeteilt - es gab zum Beispiel Steinmetze, Zimmerleute, Töpfer, Färber, Weber, Schmiede, Honigsammler, Kräuterkundige und natürlich Soldaten.
Die Inka besaßen keine Schrift. Dafür hatten sie ein anderes System entwickelt, um Informationen aufzuzeichnen, die so genannten "Knotenschnüre" ("quipo" genannt). Von einer Hauptschnur hingen verschiedene andere Schnüre verknotet herab - unterschiedliche Schnurarten, unterschiedliche Farben und unterschiedliche Knoten standen für je verschiedene Informationen. Auch Zahlen konnten mit dieser Methode festgehalten werden, bis hin zu komplizierten Berechnungen.
Der Inkakönig als "Sohn der Sonne"
Die Inka-Religion war eine "polytheistische" - das bedeutet, dass man an viele Götter glaubte. (Das Wort "Polytheismus" setzt sich aus den griechischen Bestandteilen "polys" - das bedeutet "viel" - und "theoi" - das bedeutet "Götter" - zusammen.) Zu besonderen religiösen Anlässen wurden den Göttern auch Menschen geopfert.
Der Hauptgott hieß Inti - er war der Sonnengott, der Inkakönig wurde als sein Sohn angesehen. Daneben existierten im Glaubenssystem der Inka auch zahlreiche andere Götter, viele von ihnen waren zuvor Hauptgötter der von den Inka unterworfenen Nachbarvölkern gewesen.
Die Gottheit der Erde hieß "Pachamama" (Mutter Erde"). Die Pachamama wird auch heute noch in vielen Andenregionen von der dort lebenden indigenen Bevölkerung verehrt. Ein noch älterer Schöpfergott der Inka hieß "Viracocha" oder mit anderem Namen "Pachacámac" - er wurde von den Menschen der Andenregion schon verehrt, bevor sich das Reich der Inkas auszubreiten begann. Der Name "Viracocha" bezieht sich auf den Titicacasee, der mit über 8.000 Quadratkilometern der größte See Südamerikas ist und auf der Anden-Hochebene (genannt "Altiplano") liegt. Wörtlich übersetzt bedeutet der Name des Gottes "schräge Fläche des himmlischen Sees". Möglicherweise hat dieser Name etwas mit der Neigung der Erdachse und der damit einhergehenden Kreiselbewegung der Erde - "Präzession" genannt - zu tun.
Im religiösen System der Inka spielten grundsätzlich alle Himmelskörper eine tragende Rolle. Die verschiedenen Orte im Inka-Reich wurden mit Gestirnen gleichgesetzt, so dass sich die Landkarte in der Himmelskarte spiegelte und umgekehrt. Zwar wurde die Sonne (und auch der Mond) auch von den anderen Völkern der Andenregion gottgleich verehrt, die Inka jedoch hielten sich vor allen anderen für Söhne und Töchter der Sonne selbst.
Totenkult und spanische Grabräuber
In der Größe und Allmacht des Inka-Reiches sah man den Beweis dafür, dass die Kraft der Sonne sich in den Angehörigen des Inka-Volks verkörperte. Die Ordnung des Universums mit der Sonne als Zentralgestirn galt den Inka auch als Rechtfertigung für das eigene gesellschaftliche System, in dem der Inkakönig - der Sonne gleich - alles dominierte. Im ganzen Reich standen Sonnentempel und Sonnenskulpturen zu Ehren von Inti.
In den Tempeln gab es zahlreiche Verzierungen aus Gold und Silber - Gold galt bei den Inka als "Schweißperlen der Sonne", Silber als "Tränen des Mondes". Architektonisch besonders herausragend war der Sonnentempel in der Hauptstadt Qusqu mit mehr als 365 Metern Umfang - hier wurden auch die Mumien der toten Inka-Herrscher aufbewahrt.
Die wichtigste Feiertage der Inka waren die Wintersonnenwende - das Datum mit dem kürzesten Tag und der längsten Nacht des Jahres (am 21. Juni auf der Südhalbkugel nach dem uns geläufigen "Gregorianischen Kalender") - und die Sommersonnenwende - das Datum mit dem längsten Tag und der kürzesten Nacht (am 21. Dezember).
Zur Wintersonnenwende wurden die Mumien der toten Inkakönige - 14 an der Zahl zum Ende des Inka-Reiches - aus den Gräbern geholt, um Teil des feierlichen Rituals zu sein. Die toten Könige waren der eigentliche "Schatz" der Inka - nach Ankunft der spanischen Eroberer verteidigten die Inka nicht etwa das Gold oder Silber, sondern die Königsmumien. Die Spanier raubten die Mumien jedoch und verbrannten sie zum Zeichen der "christlichen Überlegenheit".
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