von Felicia Chacón Díaz und Björn Pawlak
Mitte des 14. Jahrhunderts stieg das Aztekenreich zur führenden Großmacht in Mittelamerika auf - der Legende nach wurden die aztekischen Reichsgründer bei ihrer "Wanderung" von Nord nach Süd von ihrem Gott "Huitzilopochtli" angeführt. Wer waren diese sagenumwobenen Völker, wie lebten sie und was wissen wir über ihre beeindruckende Hochkultur?
Ursprünglich kamen die Azteken ihrer eigenen Geschichtsschreibung nach von einem geheimnisvollen Ort namens Aztlán - sie zogen dann bis zum Texcoco-See in Zentralmexiko. Hier gründeten sie auf einer Insel im See ihre Hauptstadt Tenochtitlán - heute befindet sich an dieser Stelle die mexikanische Hauptstadt Mexiko-Stadt (der See ist allerdings längst verschwunden). Im 16. Jahrhundert kamen die Spanier mit Schiffen nach Amerika - die Eroberer mit ihrem Anführer Hernán Cortés besiegten die Azteken und machten sie zu Untertanen und Sklaven der spanischen Krone.
Das aztekische Großreich wurde von drei verschiedenen und nahe beieinander siedelnden Volksstämmen gegründet, die sich miteinander verbündeten - sie hießen "Mexica", "Acolhua" und "Tepaneken". Die Mexica, die Acolhua und die Tepaneken schlossen sich zum "Aztekischen Dreibund" zusammen. Das Reich erstreckte sich schließlich von Ozean zu Ozean - im Westen bis zur Pazifikküste, im Osten bis zum karibischen Golf von Mexiko.
Tenochtitlán wurde zum politischen Zentrum des Aztekenreichs, die dominierende Sprache war "Nahuatl". (Nahuatl wird noch heute von einem Teil der mexikanischen Urbevölkerung - "Nahua" genannt - gesprochen.) Auf dem Höhepunkt ihrer Macht kontrollierten die Azteken weite Teile des heutigen Mexikos. Der Einfluss ihrer Kultur strahlte noch viel weiter aus, nämlich bis in die Gegend des heutigen Nicaraguas.
Politische und gesellschaftliche Ordnung
Die politische Ordnung der Azteken könnte man als "theokratische" und "militärische" "Demokratie" beschreiben. Diese Begriffe müssen erst einmal erklärt werden: "Theokratie" nennt man eine religiös begründete Herrschaftsform. An der Spitze des theokratischen Staates steht zumeist eine "göttlich erwählte" Person (zum Beispiel ein "göttlicher" König) oder eine Priesterschaft (auch "Klerus" genannt).
Die Gestaltung der Politik ist in einer Theokratie stets den religiösen Grundsätzen unterworfen. Ein theokratischer Staat wird auch "Gottesstaat" genannt. "Militärisch" heißt in diesem Fall nichts anderes, als über ein ständiges Heer zu verfügen und jederzeit für den Krieg gerüstet zu sein (zumeist auch tatsächlich Krieg zu führen). "Demokratisch" heißt in einem allgemeinen Sinne stets, dass das Volk selbst "Mitspracherecht" besitzt und sich an der Gestaltung von Politik aktiv beteiligt.
In der Frühzeit der Azteken gehörte das Land noch allen gemeinsam - privates Eigentum kannte man damals nicht. Die Einwohner des Aztekenreichs arbeiteten gemeinsam als "Selbstversorger" - alle erwirtschafteten und hergestellten Güter wurden untereinander aufgeteilt. Für alle Azteken bestand die Pflicht, sich an der gemeinschaftlichen Arbeit zu beteiligen. Außerdem hatte jeder männliche Azteke auch die Pflicht, als Soldat Kriegsdienst zu leisten.
Das Land wurde in Gebietseinheiten eingeteilt - eine jede solche Einheit nannte man "Calpulli" (Mehrzahl "Calpultin"). Die verschiedenen Calpultin organisierten sich eigenständig, sowohl militärisch als auch landwirtschaftlich - das bedeutet auch, dass die Calpultin ihre eigenen politischen Führer hatten. Diese waren aber zugleich Untertanen des aztekischen Regenten in Tenochtitlán.
Die in einem Calpulli lebenden Menschen bewirtschafteten ein bestimmtes Stück Land oft ihr ganzes Leben lang und gaben es dann an ihre Kinder weiter. Sie hatten dabei die Aufgabe, das Land ständig zu bearbeiten - falls sie dem nicht nachkamen, wurde ihnen das Land abgenommen. Jeder männliche Azteke hatte ab einem bestimmten Alter Anrecht auf ein Stück Land - falls sein Vater ihm nichts vererbte, bekam er automatisch Land zugeteilt.
Ausweitung des Aztekenreichs
Diese frühe Gesellschaftsordnung wurde durchbrochen, als man die Priester und Krieger von Beginn an von der Pflicht der Landarbeit befreite - sie bildeten fortan eigenständige soziale Klassen.
Im immer größer werdenden aztekischen Reich konnte man letztlich vier Gesellschaftsklassen ausmachen: den Adel ("Pilli" oder in der Mehrzahl "Pipiltin" genannt), die Klasse der Bauern und Handwerker ("Macehualli" oder in der Mehrzahl "Macehualtin" genannt), die Händler ("Pochteca" genannt) und die Sklaven ("Tlatlacotin" genannt). Zum Adel zählten etwa die Priester, aber auch die staatlichen Beamten und Heeresführer. Die Sklaven waren oft Kriegsgefangene, aber auch Verbrecher konnten zur Strafe zu Sklaven gemacht werden.
Die durch die Azteken unterworfenen Völker blieben in ihrer Organisation oft selbstständig - allerdings war man Tenochtitlán gegenüber zu Zwangsabgaben verpflichtet. Die kriegerisch unterworfenen Gebiete brachten den Azteken hauptsächlich wirtschaftliche und finanzielle Vorteile, es ging weniger um die völlige Bekehrung oder Beherrschung der "Feinde". An der Spitze des aztekischen Staates stand der in der Hauptstadt Tenochtitlán sitzende "Tlatoani" (das bedeutet wortgetreu "Sprecher"), der in der Literatur über die Azteken oft auch als "König" oder "Kaiser" bezeichnet wird.
Landwirtschaft und Zwangsabgaben
Der wichtigste Wirtschaftszweig der Azteken war die Landwirtschaft. Von strategischen Planern wurde genau errechnet, wie viele Lebensmittel produziert werden mussten, um die ansässigen Menschen ausreichend zu ernähren. Die Bauern mussten sich nach diesen Plänen richten. Das wichtigste Erzeugnis war der Mais - aber auch Bohnen, Paprika und Tomaten wurden in großen Mengen kultiviert.
Der Kakao war für die Azteken ein ebenfalls sehr wichtiges Produkt, allerdings wurde er weiter südlich im Reich der Maya angebaut und dann erst nach Tenochtitlán und in andere aztekische Städte gebracht. Den Bedarf an tierischen Eiweißen deckten die Azteken durch die Jagd und durch den Fischfang - eine Nutztierhaltung gab es bei ihnen nicht. Man veranstaltete in den Städten riesige Märkte, auf denen Waren aller Art getauscht und gekauft wurden - auch von außerhalb des Aztekenreichs kamen Kaufleute, um hier Handel zu treiben.
Das aztekische Wirtschaftssystem beruhte außerdem auf der Erhebung von Steuern. Man führte Krieg gegen die umliegenden Völker und unterwarf zahlreiche von ihnen - die "Verlierer" dieser Auseinandersetzungen - das waren zumeist die von den Azteken bekämpften Stämme - wurden gezwungen, Steuern in Form von Gütern zu entrichten. Als Gegenleistung ließen die Azteken ihnen ein Mindestmaß an Freiheit und Selbstverwaltung - ein Stopp der steuerlichen Abgaben an Tenochtitlán konnte jederzeit dazu führen, sich erneuten Angriffen ausgesetzt zu sehen. Durch dieses Prinzip wuchs das aztekische Einflussgebiet immer weiter, Tenochtitlán wurde mächtiger und mächtiger.
Religion der Azteken
Die Religion der Azteken war eine "polytheistische" Religion - der "Polytheismus" ist ein religiöses System, das auf die Existenz von vielen verschiedenen Göttern beruht ("polys" bedeutet "viel", "theoi" bedeutet "Götter" - beide Worte entstammen dem Altgriechischen). Die Azteken kannten praktisch unendlich viele Gottheiten, auch weil sie die Götter von unterworfenen Völkern einfach zu den ihren dazu nahmen. Manche Götter waren mehr, andere waren weniger wichtig.
Der aztekische Hauptgott war der bereits erwähnte Huitzilopochtli, der Gott der Sonne und des Krieges. Auch der vormalige Hauptgott der "Tolteken" (das war eine andere damals lebende mittelamerikanische Kultur), "Quetzalcoátl" genannt, war von großer Bedeutung - er wurde auch außerhalb des Aztekenreichs verehrt. Nach dem Tod eines Aztekenherrschers wurde dessen Körper in einer Rüstung verbrannt, die Quetzalcoátl symbolisierte - auf diese Weise war man sich der Wiedergeburt des toten Herrschers sicher.
Maßgeblich in der Mythologie der Azteken ist die Vorstellung von vier bereits vergangenen Zeitaltern, denen vier verschiedene Sonnen zugeordnet wurden. Diese Zeitalter sind nach Vorstellung der Azteken jeweils durch kosmische Katastrophen beendet worden. Die Zeit der aztekischen Blüte ab dem 14. Jahrhundert nannten sie "Zeitalter der fünften Sonne" - dieses Zeitalter galt als beherrscht von der "Kraft des Ostens", vom Planeten Venus und von Quetzalcoátl als Gott der Auferstehung.
Menschenopfer für die Götter
Menschenopfer spielten ab dem 15. Jahrhundert innerhalb der religiösen Riten der Azteken eine zentrale Rolle - geopfert wurden zumeist gefangen genommene feindliche Krieger und Sklaven, auch Kinder wurden geopfert. Es kam jedoch auch vor, dass aztekische Krieger sich freiwillig selbst opferten, was wohl eine große "Ehre" gewesen sein muss.
Der Vorstellung der Azteken nach war das Menschenopfer wichtig, um den Lauf des Universums und der Natur positiv zu beeinflussen. So glaubte man, dass die Sonne ohne vergossenes Menschenblut einst nicht mehr aufgehen würde.
Die Menschenopfer wurden auf den Spitzen der aztekischen Pyramiden auf einem Opferstein festgebunden, anschließend schnitt ein Priester mit einem Steinmesser das Herz des Opfers heraus. Mit dem Blut bespritzte der Priester sich selbst und die Statuen der Götter. Zum Opferritual gehörte auch, dass Teile des geopferten Körpers gebraten und gegessen wurden ("Kannibalismus"). In Zeiten der Krise wurden angeblich sogar Kriege geführt, um möglichst viele Gefangene zu machen und diese den "zürnenden" Göttern zu opfern.
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