von Felicia Chacón Díaz und Björn Pawlak
Das Reich der Maya war eine der drei großen amerikanischen Hochkulturen in der Zeit vor der spanischen Eroberung des Kontinents ab 1492 - dem Jahr, in dem Christoph Kolumbus amerikanischen Boden betrat. Die beiden anderen großen Kulturen waren die der Azteken und die der Inka. Die Kultur der Maya wird bewundert und bestaunt - übrig geblieben sind bis heute beeindruckende Bauwerke, Bildhauereien und die zunächst mündlich überlieferte Poesie. Im Gegensatz zu vielen anderen indigenen Völkern leben bei den Maya noch heute viele Nachfahren - besonders in Guatemala.
Man vermutet, dass bereits vor etwa 4.000 Jahren Menschen dort sesshaft wurden, wo später das Reich der Maya entstehen sollte. Die Blütezeit der Maya-Zivilisation fiel in das erste nachchristliche Jahrtausend. Um 900 nach Christus kam es dann zur Aufgabe zahlreicher Maya-Zentren im Tiefland - man weiß nicht genau, warum.
Geographisch erstreckte sich das Reich der Maya über ein recht kleines Gebiet: im Norden schloss es Chiapas, Tabasco, Campeche und die Halbinsel Yucatán ein (diese Gegenden gehören zum heutigen Mexiko), im Süden erstreckte es sich bis zum heutigen Honduras und El Salvador. Die damaligen Hauptstädte des Maya-Reichs lagen im heutigen Guatemala. Berühmte Maya-Städte waren zum Beispiel Tikal, Copán und Palenque - heute Ausflugsziel für viele Touristen. Viele der heute dort lebenden Menschen sind Nachfahren der Maya. Im damaligen Reich der Maya wurden viele verschiedene Sprachdialekte gesprochen - es sind heute noch ungefähr 40 verschiedene Maya-Sprachen übrig geblieben, die von den Nachfahren der Maya in Südmexiko, Belize, Guatemala und Honduras gesprochen werden.
Wie das Reich organisiert war...
Das Reich der Maya wurde nicht etwa zentral gesteuert. Vielmehr handelte es sich um ein Bündnis von "Stadtstaaten" - die verschiedenen Städte hatten unterschiedliche Herrscher, oft sprach man noch nicht einmal die gleiche Sprache. Die sozialen Schichten waren bei den Maya starr festgelegt - die Geburt bestimmte immer schon im Voraus, welche Rolle im sozialen Leben ein Mensch später einnehmen würde. Durch ganz spezielle Erziehung und Ausbildung zur Kinder- und Jugendzeit bereitete man die jungen Menschen auf ihre späteren Aufgaben vor.
Es gab vier gesellschaftliche Hauptklassen: Adel, Kaufleute, Bauern und Sklaven. Zum Adel - auch "Almenehoob" genannt - gehörten die wenigen politischen und religiösen Führer der Maya-Stadtstaaten. Die Kaufleute wurden "Ppolom" genannt - ihre Stellung war noch bevorzugt, sie hatten mehr Rechte als die Bauern. Für die Bauern sind mehrere Namen überliefert: "Yalba Uinikoob", "Chemal Uinicoob", "Memba Uinicoob" oder "Pizilcan". Die Bauern machten den größten Teil der Bevölkerung aus. Schließlich waren da noch die Sklaven - meist waren dies Kriegsgefangene, die in die Stadtstaaten der Maya verschleppt wurden und dort schwere Arbeiten verrichten mussten. Männliche Sklaven wurden "Ppentoc" genannt, Sklavinnen hingegen hieß man "Munach".
Man akzeptierte allgemein die Vorherrschaft des Adels, weil man diesen für ein Sprachrohr der Götter hielt. Es galt deshalb als strenge Regel, den Vorgaben des geistlichen Adels Folge zu leisten. Daneben galten der Respekt vor der Familie und die Selbstdisziplin des Einzelnen als wichtigste Grundsätze für das gesellschaftliche Zusammenleben der Maya.
Überlebenswichtig: der Mais
Auf dem Speiseplan der Maya stand vor allem der Mais - dem entsprechend waren die meisten Bauern damit beschäftigt, die Maispflanze zu kultivieren. Der Mais war auch Herzstück des religiösen Systems der Maya - sie glaubten, dass alles menschliche Leben seinen Ursprung im Mais hat. Der Maisgott - sein Name war "Naal" oder "Hunnaal-Yeh" - gehört zu den besonders stark verehrten Göttern der Maya. Im "Popol Vuh", dem heiligen Buch der "Quiché-Maya" in Guatemala, wird davon berichtet, wie die Maya-Menschen aus Mais erschaffen wurden. Weitere bedeutende landwirtschaftliche Produkte waren Bohnen, "Maniok" (stärkehaltige Wurzelknollen), "Ayote" (eine besondere Kürbisart), Paprika und natürlich der Kakao. Tierzucht kannten die Maya nicht, ihren Fleischbedarf deckten sie durch Jagd und Fischfang.
Jeder Maya-Stadtstaat war für die Landnutzung selbst verantwortlich - normalerweise gehörte das Land der Allgemeinheit, alle Erzeugnisse wurden untereinander aufgeteilt. Die verschiedenen Stadtstaaten bauten auf ihrem Land teilweise verschiedene Pflanzenarten an und stellten auch sonst unterschiedliche Produkte her - dem Bedarf entsprechend wurde dann auf Märkten miteinander getauscht und gehandelt. Im Angebot waren zum Beispiel Baumwolle, Salz, Jadestein, Baumharz ("Copal"), Kakao, die prachtvollen langen Schwanzfedern des "Quetzals" (ein in den Wäldern Mittelamerikas lebender Vogel) und "Obsidian" (vulkanisches Gesteinsglas).
Unterwelt, Erde und Himmel
Nach Vorstellung der Maya war gab es drei Ebenen im Universum: Unterwelt, Erde und Himmel. Diese Einteilung spiegelte sich in der gesamten Religion der Maya wider. Den verschiedenen Ebenen waren verschiedene Götter zugeordnet. Die Unterwelt hieß "Xibalbá" - dieser Ort wurde von den zwölf Göttern der Unterwelt, von Tieren und von Mischwesen bewohnt. "Ah Puch" war der Hauptgott des Todes, ihm verwandt waren zum Beispiel "Camazotz" (Gott der Fledermäuse), "Zotz" (Gott der Höhlen), "Vucub Caquix" (ein Dämon der Unterwelt) und "Ixtab" (Göttin des Selbstmordes). Alle Höhlen galten als Eingang zu Xibalbá.
Die Götter des Himmels wurden oft der Sonne zugeordnet - so zum Beispiel "Itzamná" (Hauptgott des Himmels und Schöpfer der Maya-Kultur), "Kinich Kakmó" (Gott des Lichtes) und "Ix Chel" (Göttin des Regenbogens). Als erster Gott galt "Hunabku", der Schöpfer des Universums. Auch "Kukulkan", ein Gott in Schlangengestalt, spielte eine herausragende Rolle - von ihm sagte man, dass er während des Weltuntergangs auf die Erde zurückkehren wird. Es gab noch Hunderte weitere Götter der Maya, so dass es sehr schwierig ist, die Übersicht zu behalten.
Auch bei den Maya wurden den Göttern Menschen geopfert - wie auch bei den Azteken galt vergossenes Menschenblut als Garant für die Fruchtbarkeit der Natur. Geopfert wurden Kriegsgefangene, aber auch Angehörige der eigenen Gruppen - und zwar aus allen sozialen Schichten. Es gab Rituale, bei denen der Maya-Priester dem Opfer mit einem Steinmesser den Brustkorb öffnete, um das Herz herauszuschneiden, welches den Göttern als Geschenk dargeboten wurde. Auch Kinder wurden hingerichtet.
Die Maya glaubten an eine kosmische Harmonie, die man auch anhand der Bewegungen der Sterne ablesen könne. In den Kreisläufen des Himmels erkannten sie die Kreisläufe der Natur und des Lebens wieder. Um die Hilfe und den Rat der Götter für die Fragen des Lebens zu erhalten, beobachteten sie aufmerksam den Himmel - die Bewegungen der Sterne, die Phasen des Mondes und die Veränderungen der Sonne. Die Maya kannten damals Geheimnisse des Himmels, die von den Europäern erst sehr viel später entdeckt worden sind.
Das Ende des Maya-Imperiums
Es gibt verschiedene Theorien darüber, warum sich das Reich der Maya ab etwa 900 nach Christus langsam aber sicher auflöste - man spricht auch vom Untergang der "klassischen" Maya-Kultur. Damals war es plötzlich zu einem massiven Bevölkerungsschwund der Maya gekommen, ganze Städte wurden aufgegeben und zerfielen unbewohnt - die Ruinen fand man später völlig überwuchert vom Dschungel. Die eine Theorie geht davon aus, dass die Böden unfruchtbar geworden waren und die Menschen sich deshalb nicht mehr ernähren konnten. Andere Theorien vermuten Katastrophen, Krankheiten oder klimatische Veränderungen. Man weiß zudem, dass im Norden das Volk der "Tolteken" einen Eroberungskrieg gegen die Maya geführt hat.
Als die Spanier schließlich Ende des 15. Jahrhunderts in die von den Maya bewohnten Gebiete vordrangen, fanden sie kein in sich geschlossenes und zentral regiertes Staatsgebilde wie bei den Azteken. Das alte Imperium der Maya war inzwischen in einzelne und unabhängige Stadtstaaten zerfallen, die sich häufig miteinander im Kriegszustand befanden. Es war für die Spanier überhaupt kein Problem, hier selbst die Kontrolle zu übernehmen und die verschiedenen Stadtstaaten zu unterwerfen.
Ein paar Maya-Gruppierungen taten sich noch zusammen und gründeten in der Region Petén im heutigen Guatemala einen unabhängigen Maya-Staat - die Hauptstadt hieß "Tayasal" und gilt als die letzte freie Maya-Stadt. Im Jahr 1697 wurde aber auch dieses Gebilde von den Spaniern erobert und dem spanischen Weltreich einverleibt. Das Volk der Maya wurde nicht in dem Maße ausgerottet, wie dies anderen indigenen Völkern widerfahren ist. Heute leben in Guatemala und im Süden Mexikos zahlreiche Nachfahren der alten Maya - sie kämpfen hart dafür, dass ihre Traditionen bewahrt bleiben. Auch heute noch leben die meisten von ihnen als Kleinbauern vom Maisanbau.
Die Nachfahren der Maya sind trotz ihrer großen Anzahl die sozial Benachteiligten und Entrechteten, als solche organisieren sie auch politisch ihren Befreiungskampf. Im mexikanischen Bundesstaat Chiapas etwa kämpft die "Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung" - man spricht auch von den "Zapatistas" - für die Rechte der indigenen Bevölkerung. In Guatemala gab es zuletzt in den 1980er- und 1990er-Jahren einen blutigen Bürgerkrieg, bei denen es zu schlimmen Verbrechen gegen die indigene Bevölkerung gekommen ist - diese Geschehnisse wirken heute noch stark nach.
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