03.01.2008
Eigentlich sollte in Kenia eine demokratische Wahl veranstaltet werden. Doch es kam zu Verzögerungen und Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Stimmen. Nachdem der Vorwurf des Wahlbetrugs laut wurde, brach schließlich eine riesige Welle der Gewalt aus. Nach Schätzungen sind bei den Ausschreitungen, die auf die Wahl in Kenia folgten, bisher 300 Menschen gestorben. Viele Tausend wurden obdachlos und mussten fliehen.
Am 27. Dezember 2007 fanden Wahlen in Kenia statt. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht abzusehen, wie sich die Lage im Land, das eigentlich als "Hoffnungsträger Afrikas" gilt, entwickelt. Nicht nur der neue Präsident des Landes sollte gewählt werden, sondern auch die 210 Abgeordneten des Parlaments und mehr als 2.000 Stadträte. Die Wahlen selbst verliefen am Donnerstag noch recht friedlich.
Doch der Verdacht eines Wahlbetrugs verhärtete sich immer mehr - und die Lage innerhalb der Bevölkerung wurde zunehmend unruhiger. Die Zählung der Stimmen dauerte ungewöhnlich lange - ein Umstand, der vermuten ließ, dass nicht alles mit rechten Dingen zuging. Bis heute ist die Zählung noch nicht wirklich abgeschlossen, da ganze Wahlurnen (Gefäße für die Stimmzettel) von Wahlkreisleitern an unbekannte Orte gebracht wurden.
Am Samstag wurden immer wieder Zwischenstände veröffentlicht, bei denen die Opposition knapp in Führung lag. "Opposition" bezeichnet die Partei, die nicht an der Macht ist - also die gegnerische zur Regierung. Der Oppositionsführer - der Herausforderer - verlangte daraufhin von seinem Rivalen und dessen Partei, sich ihre Niederlage endlich einzugestehen. Umso überraschender war, dass am Sonntag nicht Raila Odinga von der Opposition, sondern der bisherige Präsident Mwai Kibaki zum Staatsoberhaupt erklärt wurde. In einem Eilverfahren ließ dieser sich vereidigen und übernahm sein Amt als alter und neuer Präsident des Landes.
Der Wahlbetrug spaltet das Land
Der Vorwurf des Wahlbetruges wurde immer lauter. Die Wut der Bevölkerung und der politischen Herausforderer war groß. Die Situation spitzte sich zu, und landesweit brachen Aufstände aus. Die Bevölkerung ist gespalten, jeder fühlt sich irgendwie betrogen. Es werden keine Wortgefechte mehr ausgetragen, sondern Häuser in Brand gesetzt, Geschäfte geplündert, Menschen um ihr Hab und Gut gebracht, verletzt oder sogar getötet. Eine Kirche, in der ungefähr 50 Menschen Zuflucht suchten, wurde angezündet.
Kibaki verhängte eine Nachrichtensperre. Das bedeutet, es dürfen keine Berichte oder Live-Übertragungen von den Demonstrationen und Ausschreitungen mehr gesendet werden. Lange Zeit galt Kenia als Musterbeispiel eines Mehrvölkerstaates. So werden Länder bezeichnet, in denen viele verschiedene Kulturen gemeinsam leben. In Kenia gab es zwei Parteien, zwei Kandidaten - und Menschen, die ungefähr 50 verschiedenen Stämmen angehören.
In Afrika existieren eine Menge dieser Staaten, was auf die Kolonialzeit zurückzuführen ist. Viele Grenzen in Afrika sind willkürlich von den einstigen Fremdherrschern, die das Land eroberten, gezogen worden. Sie nahmen keine Rücksicht auf kulturelle Unterschiede oder gar den Lebensraum einzelner Völker. Kenia schaffte es, trotz der kulturellen Verschiedenheiten, eine Demokratie im Land zu festigen. Der aktuelle Konflikt lässt uns aber tiefer in die Probleme innerhalb der Bevölkerung blicken.
Kampf der einzelnen Stämme
Es kämpfen nicht nur zwei Präsidentschaftskandidaten um ein Amt, sondern Völker und ganze Stämme um Mitsprache und Macht im Land. Der frühere und neu vereidigte Präsident Mwai Kibaki gehört zu dem größten Volk Kenias, einem Stamm namens Kikuyu. Dieser bildet 22 Prozent der Gesamtbevölkerung - und das sind auch diejenigen, die aus dem wirtschaftlichen Aufschwung, den das Land in den vergangenen Jahren erlebte, die größten Vorteile ziehen konnten.
Dem Stamm gegenüber steht der Herausforderer Raila Odinga, der dem Volk der Luo angehört. Dieser Stamm stellt 14 Prozent der Bevölkerung dar. Zur Opposition gesellen sich nun auch weitere Stämme, die ihr Volk durch die Politik der vergangenen Jahre als stark benachteiligt ansehen. Beide Kandidaten werfen sich gegenseitig Völkermord vor und heizen die ohnehin aufgebrachte Stimmung im Land weiter auf. Präsident Kibaki schickte Soldaten, um die Proteste gewaltsam aufzulösen. Politiker vieler Staaten haben gefordert, das Wahlergebnis zu prüfen, die Situation zu entschärfen und die Gewalt zu stoppen. <
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