Im ersten Teil hast du erfahren, wie viel wir über die Menschheitsgeschichte lernen, wenn wir uns mit den Wurzlen der einzelnen Sprachen befassen. Wer Englisch, die Weltsprache Nummer eins, spricht, ist im Vorteil: Er kann sich mit vielen verschiedenen Völkern dieser Welt verständigen. Allerdings sprechen fast doppelt so viele Menschen Chinesisch. Der Satz "Rede ich Chinesisch?" könnte bei uns schon bald seinen Witz verlieren. In Zukunft sprechen Europas Kinder und Jugendliche die Sprache vielleicht wie selbstverständlich. Da China für den Weltmarkt immer bedeutender wird, lehren immer mehr Schulen Chinesisch. Durch die fortschreitende Globalisierung gewinnen auch Sprachkenntnisse an Bedeutung.
Die Weltsprache Englisch beherrschen mehr als 427 Millionen Menschen mehr oder weniger gut. Fast doppelt so viele sprechen allerdings Hochchinesisch. Die Dialekte der chinesischen Sprache sind dagegen so unterschiedlich, dass die Nordchinesen die Südchinesen überhaupt nicht verstehen können. Insgesamt sprechen über 1,2 Milliarden Menschen Chinesisch. Das Verständigungsproblem zwischen den Dialekten ist allerdings noch größer, als wenn ein Hamburger mit einem Schweizer im Hochkanton telefonieren würde. Irgendwo zwischen Schweizerdeutsch und Plattdeutsch gibt es eine Basis, im besten Fall könnten sich beide Gesprächspartner auf das Hochdeutsch einigen.
Schriftlich können sich aber auch die Chinesen gut verständigen. Denn die chinesischen Zeichen sind so genannte "Logogramme", das bedeutet, dass die einzelnen Wörter gleich geschrieben, aber völlig unterschiedlich - eben im eigenen Dialekt - ausgesprochen werden. Man muss also nicht wissen, wie der Verfasser das Wort ausspricht. Fast jeder in Westeuropa versteht, was "1" in anderen westeuropäischen Sprachen bedeutet. Obwohl man dazu in England "one", in Frankreich "un", in Spanien "uno" und in Deutschland "eins" sagt. Im Chinesischen gibt es wiederum eine Unmenge von Schriftzeichen: 2000 bis 3000 Zeichen kennt ein durchschnittlich gebildeter Chinese. Die Zeichen sind Silben, die aber nicht immer die gleiche Bedeutung haben, sondern in verschiedenen Kombination etwas anderes aussagen.
Sprache ist Kultur
Das hört sich zunächst ziemlich kompliziert an. Dabei soll chinesisch zum Teil leichter zu lernen sein als Englisch oder Französisch. Nur die grundlegenden Unterschiede schreckten viele Europäer ab, chinesisch zu lernen, meinen Sprachlehrer. 4000 Jahre alt ist die chinesische Kultur. Philosophie, Medizin und Astrologie der Chinesen haben bis heute nicht an Faszination verloren und fließen in viele Bereiche unseres Lebens ein. Mit der Sprache lernen zum Beispiel Chinesisch-Schüler auch die Kultur kennen, oder besser gesagt: Ohne die chinesische Kultur werden sie die Sprache kaum verstehen.
Sprache und kultureller Raum, die Umgebung, gehören zusammen. So kennen die Inuit, also die Bewohner der Arktis, zahlreiche Wortkonstruktionen, die etwas mit "Schnee" zu tun haben - wie zum Beispiel "Schneematsch", "Eis" oder unterschiedliche Beschaffenheiten des Schnees. Der Mythos, in der "Eskimo-Sprache" würde es Hunderte von verschiedenen Wörtern mit "Schnee" geben, ist jedoch nicht ganz korrekt. Diese Behauptung gründet sich auf der Tatsache, dass die Sprache der Inuit eine so genannte "polysynthetische Sprache" ist. Das bedeutet, dass Sätze oder Satzteile gebildet werden, indem man ein Wort in andere Wörter hineinfügt. Oft bindet man andere Wörter so in dieses Wort ein, dass es in der Mitte geteilt wird.
Dadurch gibt es in dieser Sprache natürlich unzählige Bezeichnungen, die etwas mit dem Begriff "Schnee" zutun haben. Oft sind sie aber auf das gleiche Ursprungswort zurückzuführen. Auch Indianersprachen und Grönländisch zählen zu den "polysynthetischen Sprachen". Ähnliche Tendenzen erkennen Sprachforscher sogar im Französischen. Manche Länder, in denen es keinen Schnee gibt, kennen jedenfalls nicht einmal einen einzigen Begriff für "Schnee". Wer Sprachen lernt, wird immer auch viel über Kultur und Geschichte der Länder erfahren, in denen die Sprache gesprochen wird.
Sprachunterricht und Praxis
Erfahren konnten das die Elftklässler vom Friedrich-Schiller-Gymnasium in Marbach am Neckar. Nach zwei Jahren Unterricht in Chinesisch waren die Schüler drei Wochen zum Austausch in Tongling, der Partnerstadt Marbachs in der Volksrepublik China. Bisher haben Schüler nur an 82 Schulen in Deutschland die Möglichkeit, Chinesisch zu lernen. Die chinesische Sprache kann dort als Wahlpflichtfach ab der elften Klasse oder in einer Chinesisch-AG gelernt werden.
Eine Reise nach China ist an den meisten Schulen nach etwa zwei Jahren Sprachunterricht eingeplant. Zwar sehen die Lehrpläne in vielen Bundesländern Chinesischunterricht vor. Dennoch fehlen hier die Lehrer, die Chinesisch unterrichten können. Bislang gibt es in Deutschland keine Möglichkeit, die chinesische Sprache auf Lehramt zu studieren.
Noch können sich die Schüler hierzulande auf die europäischen Sprachen konzentrieren. Im Jahr 2009 will die EU-Kommission in ganz Europa die Fremdsprachenkenntnisse von Schülern testen. Auf Text- und Hörverständnis sowie schriftliches Vermögen in Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch und Italienisch sollen die 14- bis 16-Jährigen geprüft werden. In jedem EU-Staat werden dann 4000 bis 5000 Schüler getestet.
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