15.08.2005
In der indonesischen Provinz Aceh leben 4,3 Millionen Menschen. 30 Jahre Bürgerkrieg haben sie in tiefe Armut gestürzt - und dann kam auch noch der Tsunami im Dezember 2004. Nun haben Rebellen und Regierung endlich ein Friedensvertrag geschlossen, der am 15. August in Kraft treten soll. Dann kann endlich der Wiederaufbau der stark zerstörten Dörfer und Städte so richtig beginnen.
Im Westen der indonesischen Insel Sumatra lebt seit Jahrhunderten das Volk der Aceh (gesprochen: Atscheh). Sie sind dunkelhäutiger als die meisten anderen Indonesier, haben ihre eigene Sprache und leben sehr streng nach den Regeln des Islam. In ihrer Provinz stellen sie die Mehrheit der Einwohner. Im bevölkerungsreichen Vielvölkerstaat Indonesien bilden sie aber nur eine kleine Minderheit.
Seit 1870 kämpft das Volk der Aceh für die Unabhängigkeit - zuerst gegen die Kolonialmacht Niederlande, dann gegen die indonesische Regierung. Denn die Aceh finden, dass die Herrscher sie unterdrücken und ihr Geld klauen.
Reiche Bodenschätze - arme Bevölkerung
Obwohl in der Provinz Erdöl und viele andere wertvolle Bodenschätze gefördert werden, ist die Bevölkerung sehr arm. Denn vom eingenommenen Geld, etwa vier Milliarden US-Dollar im Jahr, bleibt nur ein sehr kleiner Teil in Aceh. Die Einwohner sind darüber empört.
Die Regierung hat in den vergangenen Jahren damit begonnen, Einwohner der stark überbevölkerten Insel Java auf andere Inseln umzusiedeln. Mehrere zehntausend Menschen mit einem anderen kulturellen Hintergrund kamen auf diese Weise nach Aceh. Die Bevölkerung der Insel wurden dabei nicht gefragt. So kam es immer wieder zu schweren Unruhen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen.
Seit 1976 kämpfen bewaffnete Rebellen der "Befreiungsbewegung Aceh" (GAM) für die völlige Loslösung der Region von Indonesien. Sie verübten immer wieder Gewalttaten gegen Politiker der indonesischen Regierung. Die Regierung schickte deshalb häufig die Armee nach Aceh, um die Rebellen zu bekämpfen.
Die Truppen gingen aber sehr gewalttätig auch gegen die normale, unbewaffnete Bevölkerung vor. 15.000 Menschen starben in dem Bürgerkrieg. Außerdem wurde der widerspenstigen Provinz immer weniger Geld zur Verfügung gestellt und die Menschen verarmten weiter. Alle Versuche, Friedensverhandlungen in die Wege zu leiten, scheiterten.
Tsunami-Katastrophe bringt Menschen zur Vernunft
Dann kam der schreckliche Tsunami im Dezember 2004. Er traf die Region Aceh mit voller Wucht und verwüstete viele Dörfer und Städte. Über 180.000 Menschen der Region verloren ihr Leben, Millionen ihr Zuhause. Die Katastrophe hatte aber auch ihr Gutes, denn die ganze Welt wurde nun auf den Konflikt in Aceh aufmerksam. Hilfsorganisationen berichteten immer wieder, dass im Bürgerkriegsgebiet die Hilfe nur sehr zögerlich ankommt - wegen der ständigen Gefahr, zwischen die Fronten zu geraten.
Rebellen und Regierung gerieten dadurch stark unter Druck. Denn in Zeiten großer Not müssen alle zusammenhalten. Aceh muss von Grund auf wieder aufgebaut werden. Ein halbes Jahr nach der Flutwelle haben die Rebellen und die Regierung sich geeinigt und einen Waffenstillstand ausgehandelt.
Die Rebellen erklärten sich damit einverstanden, dass die Provinz Aceh weiterhin Teil des Vielvölkerstaats Indonesien bleibt. Außerdem stellten sie ihre Angriffe ein und sagten zu, alle ihre Waffen abzugeben.
Die Regierung versprach im Gegenzug, ihre Soldaten abzuziehen. Außerdem soll das Aceh-Volk eigene Parteien gründen dürfen. Das war bisher nicht möglich, weil Parteien in mindestens der Hälfte aller 33 Provinzen Indonesiens antreten mussten. Die Aceh lebten aber nun einmal nur in einer einzigen Provinz. Auch ehemalige Mitglieder der 5.000 Mann starken Rebellenarmee sollen sich in den neuen Parteien engagieren dürfen.
Wächter des Friedens
Nun muss noch die Verfassung Indonesiens geändert werden. Aber das ist noch nicht sicher. Die Regierung in Jakarta fürchtet nämlich, dass eine Partei der Rebellen sehr viele Stimmen bekommen könnte und dann gegen die Vereinbarungen im Friedensvertrag doch einen eigenen Staat fordern könnte.
Außerdem verdienen einige Kriminelle gut am illegalen Holzabbau und am Drogenanbau in Aceh. Solange Bürgerkrieg statt Recht und Ordnung herrschte, blühten ihre Geschäfte. Es wird schwer, diese reichen und bewaffneten Kriminellen in den Griff zu bekommen.
Es gibt also noch viel zu tun. Aber Frieden scheint endlich in Sicht. 200 Beobachter der Europäischen Union und 100 Beobachter der "Vereinigung südostasiatischer Staaten" (Asean) werden die Einhaltung des Friedensabkommens überwachen.
Nachtrag: Am 15. August haben Vertreter der Regierung und der Rebellen wie geplant das Friedensabkommen in Finnlands Hauptstadt Helsinki unterzeichnet. Der Weg zum Frieden ist damit - hoffentlich - endgültig frei.
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