Eine Stadt im Ausnahmezustand

22.02.2005

Der mächtigste Mann der Erde besucht am 23. Februar 2005 die Stadt Mainz. Doch außer vielen Polizisten und einigen Journalisten sowie Politikern wird wohl fast niemand den us-amerikanischen Präsidenten, George W. Bush, zu Gesicht bekommen. Aus Angst vor einem Attentat haben Sicherheitskräfte die Innenstadt komplett abgeriegelt. Damit niemand eine Bombe verstecken kann, wurden bereits im Vorfeld Briefkästen abmontiert und Kanaldeckel zugeschweißt. Mainz gleicht einer Geisterstadt.

Ein Arbeiter schweißt den Kanaldeckel vor dem Mainzer Schloss zu. Aus Angst vor Bombenanschlägen müssen über 1300 Schächte versiegelt werden. (Quelle: Kai Hirschmann (Helles Köpfchen))

Bush wird bei seinem Staatsbesuch mit dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder zusammentreffen. In den vergangenen Jahren hat es viel Streit zwischen den beiden Ländern gegeben, weil Deutschland die USA im Irak-Krieg einfach nicht unterstützen wollte. Nun möchten sich Bush und Schröder wieder versöhnen und die Freundschaft zwischen beiden Ländern bekräftigen.

Dabei wird der us-amerikanische Präsident in Mainz durch eine echte "Geisterstadt" fahren. Außer Polizisten darf niemand an der Straße stehen - selbst Journalisten werden in Glaskästen gesteckt. Denn Sicherheit geht vor. George W. Bush hat den "internationalen Kampf gegen Terroristen" ausgerufen - und die könnten auch in Mainz auf ihn lauern. So lässt sich der riesige Aufwand erklären, der um den Staatsbesuch betrieben wird.

Möchte sich wieder mit dem "alten Europa" vertragen: US-Präsident George W. Bush. (Quelle: http://home.cfl.rr.com/reev/)

Die Schulen in Mainz haben beschlossen, dass am Tag des Bush-Besuchs kein Unterricht stattfinden wird. Autos, Busse und Bahnen werden stillstehen, da die gesamte Innenstadt abgesperrt wird. Dadurch könnte ohnehin kein Kind seine Schule erreichen. Auch einige Geschäfte und Arztpraxen haben angekündigt, am Mittwoch einen Urlaubstag einzulegen.

Kanaldeckel werden zugeschweißt

In der Mainzer Innenstadt haben Arbeiter überall Gerüste und Tribünen aufgestellt. Es handelt sich dabei jedoch nicht etwa um offene Zuschauertribünen, sondern um geschlossene Glascontainer. Ein Bauarbeiter berichtet, dass all diese Kästen nicht für neugierige Bürger, sondern ausschließlich für Journalisten reserviert sind.

Kaum zu übersehen sind auch die vielen Männer in den roten Jacken, die auf dem Boden knien und alle Kanaldeckel und Versorgungsschächte zuschweißen. Kein Bösewicht soll unterirdisch in den Sicherheitsbereich vordringen können. Und natürlich soll niemand die Möglichkeit haben, irgendwo eine Bombe zu verstecken.

Aus diesen Glascontainern berichten die Journalisten vom Bush-Besuch. (Quelle: Kai Hirschmann (Helles Köpfchen))

Allein für das Versiegeln der Kanäle muss die Stadt Mainz ungefähr 40.000 Euro ausgeben. Hoffentlich gibt es in den nächsten Tagen keinen Wasserrohrbruch oder Kurzschluss. Denn dann stünden die Stadtwerke vor einem echten Problem.

Doch nicht nur unter der Erde könnten Verbrecher Bomben verstecken. Um jedes Risiko auszuschließen, entfernen Arbeiter in der gesamten Innenstadt alle Briefkästen, Mülltonnen und Sicherungskästen.

Außer den zahlreichen Arbeitern patrouillieren überall Polizisten. Sie sollen verhindern, dass jemand Anti-Bush-Plakate aufhängt oder die Arbeiter behindert. Über Mainz kreisen außerdem Tag und Nacht Polizeihubschrauber.

Ein Zaun um die Innenstadt

Am Dienstag vor dem Präsidentenbesuch soll die gesamte Innenstadt mit Metallzäunen abgesperrt werden. Innerhalb des Zauns befindet sich die "Sicherheitszone". Wer jetzt noch zum Einkaufen in ein Geschäft am Mainzer Dom möchte, der muss sich von der Polizei durchsuchen lassen. Ausnahmen werden nicht gemacht - auch die Anwohner werden sich der "Leibesvisitation" unterziehen müssen.

Die Polizei ist auf den Straßen von Mainz auch mit Panzerfahrzeugen präsent. (Quelle: Kai Hirschmann (Helles Köpfchen))

Ebenfalls am Tag vor dem hohen Besuch müssen die Bürger ihre Autos aus dem Sicherheitsbereich fahren. Stehen gebliebene Wagen, Motorräder und sogar Fahrräder schleppt das Ordnungsamt gnadenlos ab. Alle Garagen der Anwohner werden nun versiegelt. Kein Auto darf mehr rein in die Sicherheitszone.

Außerdem sind für Dienstag die ersten Demonstrationen gegen den us-amerikanischen Präsidenten angemeldet. Die Polizei will natürlich darüber wachen, dass alles friedlich bleibt. Bei einem Konzert wollen viele Bush-kritische Künstler, Schülerbands und Liedermacher auf den Staatsempfang einstimmen.

Gespannte Ruhe und laute Demonstrationen

Am Mittwoch ist es dann endlich soweit: George W. Bush wird im Mainzer Schloss wichtige Gespräche mit dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder führen und anschließend das Gutenberg-Museum besuchen.

Durch einen schusssicheren Tunnel wird US-Präsident Bush ins Mainzer Schloss gelangen. (Quelle: Kai Hirschmann (Helles Köpfchen))

Kein Mensch darf die Wohnung verlassen, wenn George W. Bush an seinem Haus vorbeifährt. Dieses Verbot möchte die Polizei streng überwachen. Bürger dürfen in dieser Zeit auch nicht ihren Balkon betreten. Sie dürfen sich nicht einmal den Fenstern zur Straßenseite nähern, um zum Beispiel ein Foto von der Präsidenten-Limousine zu machen.

Außer der Präsidenten-"Limou" und ihrem Gefolge wird das Leben in der Innenstadt stillstehen. Auch die Autobahnen um Mainz sind komplett abgesperrt. Und die Schiffe auf dem Rhein müssen außerhalb der Stadtgrenzen vor Anker gehen.

Atemlos in Mainz

Während in der Mainzer Innenstadt am Mittwoch Grabesstille herrschen wird, werden weit außerhalb der Sicherheitszone viele Menschen lautstark gegen den Staatsgast aus den Vereinigten Staaten demonstrieren. Viele Deutsche sind mit Bushs "Krieg gegen den Terror" nicht einverstanden und wollen ihrem Ärger Luft machen. Aus dem ganzen Land werden Demonstranten erwartet.

Hoffentlich werden diese Menschen friedlich demonstrieren und auf Gewalt verzichten. Mainz hält den Atem an.

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letzte Aktualisierung: 15.08.2009

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