von Katharina Hahn
Die orthodoxen Kirchen bilden gemeinsam die drittgrößte christliche Kirchengemeinschaft der Welt. Gemeinsam ist allen orthodoxen Kirchen, dass sie ihre Gottesdienste nach dem so genannten "byzantinischen Ritus" feiern. Sie sehen sich als eine große Gemeinschaft, auch wenn man von außen betrachtet von einer griechisch-orthodoxen und einer russisch-orthodoxen Kirche spricht, die sich auch kulturell unterscheiden. Oft werden sie auch als Ostkirchen bezeichnet, da die orthodoxe Kirche vor allem in Osteuropa viele Anhänger hat. Zu den Ostkirchen gehören auch die "Unierten" Kirchengemeinschaften, die wie die orthodoxe Kirche ihren Gottesdienst nach byzantinischem Ritus feiern, aber im Gegensatz zu ihnen den römischen Papst als Kirchenoberhaupt anerkennen.
Das Wort "orthodox" kommt aus dem Griechischen. "Orthos" bedeutet "richtig, geradlinig" und "doxa" "Verehrung" oder "Glaube". Die Kirche, beziehungsweise der "byzantinische Ritus", ist im byzantinischen Reich entstanden - das war ein großes Kaiserreich in der Spätantike in einem Gebiet, in dem heute die Türkei und Griechenland liegen. Die Hauptstadt dieses Reichs war Konstantinopel, das auch Byzantion genannt wurde. Heute heißt diese Stadt Istanbul. Der byzantinische Ritus ist durch sehr feierliche und symbolische Elemente gekennzeichnet. Die Priester und Ministranten tragen weite, bunte Gewänder und es wird auch Weihrauch verwendet und Ikonen, also Heiligenbilder, werden verehrt.
Der Ablauf eines Gottesdienstes hat durch diesen Ritus eine jahrhundertealte Tradition und ist sehr festgelegt, ebenso wie die rituellen Abläufe bei anderen religiösen Feiern wie der Taufe, Beerdigung oder Hochzeit. Besonders beeindruckend sind die typischen liturgischen Gesänge, Gebete und Lesungen, die eine wichtige Rolle bei orthodoxen Riten spielen. Die Gesänge werden als Gebete verstanden, Instrumente sind dabei nicht erlaubt, da diese nicht "beten" können. Gebetet wird im Stehen, zu knien ist in orthodoxen Gottesdiensten unüblich. In manchen Teilen des Gebetes gibt es aber "Niederwerfungen", ähnlich dem muslimischen Gebet. Aufgrund dieser Tradition gibt es nur selten Kirchenbänke oder Stuhlreihen in orthodoxen Kirchengebäuden. Meist stehen nur entlang den Wänden Sitzplätze für ältere oder kranke Menschen zu Verfügung. Frauen müssen in den Kirchengebäuden ihren Kopf bedecken und Röcke tragen. Männer müssen ihre Kopfbedeckung hingegen abnehmen. Wenn die Dreifaltigkeit Gottes erwähnt wird - und je nach Region und Tradition auch zu vielen anderen Gelegenheiten - bekreuzigen sich orthodoxe Gläubige. Die "Dreifaltigkeit" meint, dass Gott der Vater, der Sohn Jesus Christus und der Heilige Geist zugleich ist. Während sich Katholiken von links nach rechts bekreuzigen, handhaben dies orthodoxe Gläubige anders herum.
Die orthodoxe Kirche sieht sich selbst als die ursprünglichste Kirche, die den Lehren von Jesus am nächsten steht. Von ihnen haben sich, nach diesem Verständnis, die anderen christlichen Kirchen, wie die römisch-katholische, abgespalten. Eine weitere Besonderheit ist, dass die meisten dieser Kirchen noch das alte Julianische Kalendersystem verwenden, nicht den Gregorianischen Kalender, der im 16. Jahrhundert eingeführt wurde. Deshalb feiern sie zum Beispiel Weihnachten erst am 7. Januar und auch die Jahreszählung unterscheidet sich zum weltlichen Kalender. Wie die Katholiken kennen auch die Orthodoxen das "Zölibat" - also die Ehelosigkeit verbunden mit der Verpflichtung, keine Liebesbeziehungen zu anderen Menschen zu führen. Es gilt jedoch nur für Mönche und Bischöfe. Einfache Priester dürfen verheiratet sein. Frauen ist es aber nicht erlaubt, solche Ämter auszuüben, und auch Priesterinnen können sie nicht werden.
Die orthodoxe Bibel ist etwas umfangreicher als die der katholischen Kirche, da sie einige weitere antike Schriften anerkennt. Ähnlich den "heiligen Sakramenten" der evangelischen und katholischen Kirche kennt auch die orthodoxe sieben "Mysterien": zunächst das der "Erleuchtung" (es entspricht der Taufe) und der Versiegelung (es folgt der Taufe und entspricht in seiner Bedeutung der katholischen Firmung). Das Mysterium "des Heiligen und Kostbaren Leibes und Blutes des Herrn" ist sozusagen die orthodoxe Variante des Abendmahls, die "Sündenvergebung" ist mit dem Bußsakrament vergleichbar. Bei der "Handauflegung" werden zum Beispiel Priester "geweiht". Die zwei letzten "Mysterien", die die Orthodoxie kennt, ist die Eheschließung, die "Mysterium der Krönung" genannt wird, und die Krankensalbung, das "Mysterium des Heiligen Öls".
Die meisten orthodoxen Kirchen befürworten die "Ökumene", die Gemeinschaft aller christlichen Kirchen. Dementsprechend haben sie sich dem "ökumenischen Rat der Kirchen" angeschlossen. Trotzdem lehnen sie es ab, einen ökumenischen Gottesdienst mit gemeinsamen Abendmahl zu führen oder einen Gottesdienst mit einer weiblichen Priesterin zu halten. Auch wollen sie keine Werte oder Regeln, die nicht mit ihrer Tradition vereinbar sind, anerkennen, wenn sie durch einen Mehrheitsbeschluss gefällt wurden.
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