27.07.2006
Die Tuareg gehören zu den bekanntesten Wüstenvölkern der Erde. Ihr Name bedeutet "Die von Gott Verlassenen", doch sie selber bezeichnen sich einfach als "freie Menschen". Sie können jederzeit ihre Zelte abbrechen, um zu gehen, wohin sie wollen. Nichts kann sie aufhalten, noch nicht einmal die menschenfeindliche Sahara. So war es zumindest früher. Heute steht ihre einzigartige Kultur vor dem Untergang. Jugendreporterin Annina-Kim (15) stellt das legendäre Wüstenvolk vor.
Ich heiße Annina, bin 15 Jahre alt und lebe in der Schweiz. Ich berichte als Jugend-Reporterin über die Tuareg, weil mich ihre Kultur und Geschichten sehr faszinieren. Ich finde es wichtig, dass mehr über dieses afrikanische Volk und seine Probleme bekannt wird. In den Nachrichten wird meist nur über die Themen gesprochen, die Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Die Probleme kleinerer Völker werden dagegen oft übersehen und vergessen. Das finde ich persönlich sehr schade, weil dadurch auch die Schwierigkeiten der Tuareg untergehen.
Wo gestern noch kühles Wasser floss, liegt heute ein Teppich aus grünem Gras und morgen heißer Sand. Für Menschen und Tiere in den extrem heißen und trockenen afrikanischen Regionen heißt das weiterziehen, dorthin wo es Wasser gibt. Trotz des extremen Klimas schaffen es zahlreiche Volksgruppen, in der Wüste zu überleben. Eines der bekanntesten Wüstenvölker der Erde sind die Tuareg. Sie leben nicht in Häusern, sondern in Zelten und bleiben nie sehr lange an einem Ort.
Leben in der größten Wüste der Erde
Ihren Namen haben sie von ihren arabischen Nachbarn bekommen. Tuareg bedeutetet übersetzt "die von Gott verlassen“. In seiner eigenen Sprache bezeichnet sich das Wüstenvolk hingegen entweder als "Kel Tugulmust", was übersetzt "Menschen, die den indigo-blauen Schleier tragen" bedeutet. Oder sie nennen sich einfach "Imouhar, Imajeghan" - freie Menschen. Denn sie fürchten sich nicht vor der Natur, sondern fühlen sich als ein Teil von ihr. Sie sind frei, weil sie gehen können, wohin sie wollen - so war es zumindest früher.
Die Tuareg leben in der Sahara, der größten Wüste der Erde. Sie ist fast neun Millionen Quadrat-Kilometer (qkm) groß. Im Vergleich dazu ist Deutschland mit seinen 357.022 qkm geradezu winzig. Und ganz Europa ist mit seinen rund 10,5 Millionen Quadrat-Kilometern nur ein wenig größer als diese riesige Wüste. Die Sahara liegt im Norden Afrikas und erstreckt sich über Algerien, kleinere Teile von Marokko, Libyen, Ägypten, Mauretanien, Mali, Niger, Tschad und den Sudan. Es heißt, dass die Sahara vor rund 7.000 Jahren noch keine Wüste war und auf ihrem heutigen Gebiet damals zahlreiche Tierarten lebten. Davon zeugen viele alte Fels-Malereien.
Männer tragen Schleier, Frauen haben das Sagen
Die Tuareg-Männer tragen einen Schleier vor ihrem Gesicht, den sie "Tugulmust“ nennen. Er soll sie vor den Wüsten-Geistern und dem "bösen Blick" schützen. Als zusätzlichen Schutz hängen sich die Tuareg große Silberketten um den Hals. Die Frauen haben in den Zelten das Sagen und tragen nur manchmal einen Schleier. In diesem Punkt unterscheidet sich das Wüstenvolk stark von seinen arabischen Nachbarn, denn dort müssen sich die Frauen den Männern unterordnen. Trotzdem ist die Mehrheit der Tuareg muslimischen Glaubens.
Tuareg sind sehr gastfreundlich. Die Tee-Zeremonie ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Kultur. Ein Gast, der neu zu ihnen stößt, bekommt drei Gläser Tee gereicht. Das erste schmeckt bitter wie das Leben, das zweite süß wie die Liebe und das dritte sanft wie der Tod. Hat der Gast alle drei Gläser getrunken, so steht er unter dem Schutz der Tuareg.
Drohender Untergang einer einzigartigen Kultur
Zwischen 1990 und 1995 kam es zu Aufständen der Tuareg in Mali und dem Niger. Das Wüstenvolk wehrte sich dagegen, dass es von den Regierungen dieser beiden Länder unterdrückt und ausgebeutet wurde. Ein bekannter Führer des Tuareg-Aufstands war Mano Dayak. Er wuchs in der Sahara auf und studierte in Paris und den USA. Sein Studium hatte er nie abgeschlossen, weil er nach Hause reiste, um dort sein Volk im Kampf um Freiheit zu unterstützen.
Mano Dayak setzte sich für Verhandlungen zwischen Tuareg und den umliegenden Ländern ein. Er war ein so genannter Vorkämpfer für den Friedensvertrag, der am 24. April 1995 von der Regierung des Nigers und den Tuareg-Rebellen unterschrieben wurde. Doch am 15. Dezember desselben Jahres verlor das Wüstenvolk seinen großen Helden. Mano Dayak starb, weil sein Flugzeug beim Start explodierte.
Auch heute noch werden die Tuareg in vielen Dingen benachteiligt. Darum haben viele von ihnen das Nomaden-Leben aufgegeben und sind sesshaft geworden. Es gibt zwar noch vereinzelt Rebellen, die sich gegen ihre Regierungen auflehnen, doch sie haben nur wenig Erfolg. Deshalb ist es ungewiss, ob und wann die Tuareg wieder - wie vor Jahren - als "freie Menschen" durch die Wüste ziehen werden. Sicher ist aber, dass die Tuareg immer bekannt bleiben werden und viele Menschen faszinieren.
Die Feste der Tuareg
Die Tuareg feiern viele Feste, von denen ich dir zwei vorstellen will. Das "Ahal" und das "Ilugan" sind die beiden wichtigsten Feiern der Tuareg. Bei ihnen dürfen Männer ihre Qualitäten unter Beweis stellen, um bei den Frauen, die sie umwerben, Punkte zu sammeln. Die Feste dauern meistens bis spät ihn die Nacht.
Bei dem Ahal tragen junge Männer selbst komponierte Lieder und eigene Gedichte vor. Sie besingen die Schönheit ihrer Angebeteten und vergleichen sie zum Beispiel mit ihrem schönsten Kamel. Außerdem preisen sie ihren eigenen Mut und erzählen von ihren Heldentaten. Das Ahal erfordert einigen Mut und kann Männer bis auf die Knochen blamieren, wenn ihre Gedichte nicht gut ankommen oder sie einfach schlecht singen.
Gedichte und Lieder sind sehr wichtig für die Tuareg. Ein Lied über das Ahal lautet: "Bagga, ich habe die, deren Mund so süß ist wie die Geige, im letzten Drittel der Nacht verlassen. Sie blieb noch dort, beim Ahal. Als ich in meinem Lager ankam, wurde ich fast ohnmächtig und musste mich stützen.“
Das Ilugan-Fest
Tuareg-Männer wollen auf ihren Kamelen die Anerkennung der Frauen gewinnen. Ilugan ist ein Kamel-Reitspiel, bei dem die Tuareg ihre besten Kleider anziehen. Die Männer reiten auf ihren schönsten Kamelen. Die Frauen sitzen dicht beieinander und spielen auf Trommeln und feuern die Männer auf ihren Kamelen, die in einem Kreis um sie reiten, mit Trillerschreien an.
Der Hintergrund dieses Spiels ist ernst. Früher sind die Männer bei Kämpfen schützend um die Frauen geritten, damit ihnen nichts passierte. Bei den Festen fließt dagegen kein Blut. Stattdessen werden Lieder gesungen und einige Frauen spielen auf der Imzad, das ist eine Geige, die nur eine Saite hat.
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