von Britta Pawlak
Der Existenzialismus (auch "Existentialismus") ist eine philosophische Strömung, die vor allem Mitte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung gewann und viele Anhänger hatte. Die wichtigsten Vertreter dieser Philosophie - man nennt sie auch "Existenzialisten" -, sind die französischen Denker Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Albert Camus und Gabriel Marcel. In dem Begriff "Existenzialismus" steckt das Wort "Existenz" - denn die menschliche Existenz steht im Mittelpunkt dieser Philosophie. Die Denkströmung befasst sich mit dem Lebensentwurf des einzelnen Menschen und seiner persönlichen Verantwortung. Sie greift vor allem Themen auf, die unmittelbar zur menschlichen Erfahrung gehören, wie Angst, Tod, Fremdheit, Freiheit und Handeln.
Für Sartre hatte der Mensch eine Sonderrolle, weil er sich als einziges Lebewesen über seine Existenz bewusst ist. Sartre betont dabei die Freiheit des Menschen, selbst über sein Leben und sein Handeln bestimmen zu können - er sagt sogar, dass der Mensch "zur Freiheit verdammt" ist. Denn zu leben bedeute zunächst, in eine Welt ohne Sinn "geworfen" zu werden, in der wir uns fremd fühlen. Dieses Gefühl der Entfremdung greift auch der Schriftsteller und Philosoph Camus in seinen Werken immer wieder auf. Er spricht von dem "Absurden" und meint damit, dass jeder Mensch weiß, dass er sterben wird und trotzdem einen Lebenswillen besitzt - hierin sah der Denker die Möglichkeit, in einer eigentlich "gleichgültigen" Welt seiner Existenz einen Sinn zu verleihen: Der Mensch kann einen eigenen Lebensentwurf schaffen und dadurch sein Dasein selbst gestalten. Auch Sartre sagt, dass wir zwar gezwungen sind, die Verantwortung für unser Leben zu ergreifen - doch darin liegt auch die Chance, verantwortungsvoll zu handeln und unserem Dasein einen Sinn zu geben.
Sartres Lebensgefährtin Simone de Beauvoir arbeitete auch an philosophischen Schriften. Berühmt wurde ihr Werk "Das andere Geschlecht", das zur bedeutenden Schrift für die Frauenbewegung wurde. Dort setzt sich die Philosophin mit der Rolle der Frau auseinander, die sich aus der lange währenden Unterdrückung und Fremdbestimmung befreien müsse. Frauen sollten nach Beauvoir ihre traditionelle Geschlechterrolle ablegen, auf welche die Gesellschaft sie über lange Zeit hinweg festgelegt hatte - denn das Wesen und die Aufgabe der beiden Geschlechter seien nicht angeboren, sondern von außen bestimmt. Gesellschaftliche Traditionen, Werte und Vorurteile könnten allerdings überwunden werden, wenn man sich darüber bewusst wird und die Verantwortung für sein Leben selbst übernimmt - die Haltung Beauvoirs ist der Sartres somit sehr ähnlich.
Vor allem in der Nachkriegszeit gewannen die philosophischen Schriften der Existenzialisten unter den Studenten, Denkern und "Intellektuellen" an Beliebtheit. (Als "Intellektuellen" - wörtlich übersetzt "Verstandesmensch" - bezeichnet man jemanden, der sehr gebildet ist und deshalb in politischen, kulturellen und sozialen Fragen eine kritische Haltung hat und zu eigenen Schlüssen gelangen kann.) Nach der Unterdrückung und Fremdbestimmung zur Zeit der tyrannischen und kriegerischen Diktaturen des 20. Jahrhunderts wurde ihr Aufruf zur Selbstbestimmung als befreiend empfunden. Auch von religiösen Weltanschauungen wie dem Christentum hatte sich die jüngere Generation zum großen Teil abgewendet. Das Denken der Existenzialisten wurde als "neuer Glaube" an die Freiheit des Menschen in einer Welt ohne Gott angesehen.
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