von Andreas Fischer - 19.12.2005
Auf der ganzen Welt sind viele Menschen entsetzt darüber, dass Gouverneur Arnold Schwarzenegger (58) den Gefangenen "Tookie" Williams Mitte Dezember hinrichten ließ. Besonders heftige Kritik kommt aus Österreich, wo Schwarzenegger geboren und aufgewachsen ist. Es gibt sogar Forderungen, ihm die österreichische Staatsbürgerschaft abzuerkennen.
Im Januar sollte außerdem darüber entschieden werden, ob das Fußballstadion in seiner ehemaligen Heimatstadt Graz künftig nicht mehr seinen Namen tragen wird. Dem ist ein wütender Schwarzenegger allerdings zuvor gekommen. Seit Weihnachten heißt die Sportanlage wieder "Stadion Graz-Liebenau".
Der Gouverneur des US-Bundesstaats Kalifornien, Arnold Schwarzenegger, hätte die Todesstrafe in eine lebenslange Gefängnisstrafe umwandeln können. Dann wäre "Tookie" am 13. Dezember nicht qualvoll mit einer Giftspritze hingerichtet worden. Weil Arnold Schwarzenegger keine Gnade kannte, sind einige seiner österreichischen Landsleute so wütend und enttäuscht, dass sie ihm sogar die österreichische Staatsbürgerschaft aberkennen wollen. Noch ist Schwarzenegger sowohl US-Amerikaner als auch Österreicher.
Dabei war der aus dem Bundesland Steiermark stammende Arnold Schwarzenegger bisher sehr beliebt in seinem Heimatland. Er war Ehrenbürger der Stadt Graz, wo sogar das größte Fußballstadion nach ihm benannt war. Seinen Ruhm verdankt "Arnie" seinem steilen Aufstieg. Er war zunächst Bodybuilding-Weltmeister, dann ein gefeierter Kino-Star, und jetzt ist er einer der wichtigsten Politiker in den USA.
Ehrgeizige Ziele
Schon als Jugendlicher hatte er ehrgeizig das Ziel verfolgt, Weltmeister im Bodybuilding zu werden. Dies gelang ihm 1967 zum ersten Mal, mit gerade einmal 20 Jahren. Er wurde als jüngster Gewinner aller Zeiten zum "Mister Universum" gekürt – das ist die höchste Auszeichnung, die ein Bodybuilder erreichen kann. Bis zum Ende seiner Bodybuilder-Karriere sollten es fünf "Mister-Universum-" und sieben "Mister-Olympia"-Titel werden.
Viele Menschen verfolgen ehrgeizige Ziele. Wenn sie diese schließlich erreicht haben, geben sie sich damit zufrieden und "ruhen" sich auf ihren Erfolgen aus. Aber Arnold Schwarzenegger wollte noch mehr, als "nur" ein sehr erfolgreicher Bodybuilder sein. Ihn zog es in die USA, das "Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Obwohl er Probleme mit der englischen Sprache hatte, wollte er dort Schauspieler werden.
Arnold Schwarzenegger suchte nach jedem Erfolg ein neues, noch höheres Ziel. Er studierte an der Universität von Wisconsin und machte dort 1979 seinen Abschluss im Fach Wirtschaftswissenschaften. Später bekam er sogar einen Doktortitel verliehen.
Herkules, Conan und Terminator
1970 - mit 23 Jahren - stand Arnold erstmals im Streifen "Herkules in New York" vor der Kamera. Damals benutzte er noch den Künstlernamen "Arnold Strong". Den Durchbruch schaffte er zwölf Jahre später mit der Hauptrolle im Film "Conan, der Barbar". Ein Jahr darauf wurde Schwarzenegger Staatsbürger der Vereinigten Staaten von Amerika. Seine bekannteste Filmrolle spielte "Arnie" 1984 als "Terminator".
Er verkörperte darin einen gefühllosen Roboter, der darauf programmiert ist, Menschen zu finden und zu töten. Aufgrund seiner beeindruckenden Erscheinung prägte der Österreich-Amerikaner das Action-Kino der 1980er und 1990er Jahre. Auch in einigen Komödien konnte er seine Fans zum Beispiel als netter Kindergärtner überzeugen.
Steile Karriere in der Politik
Die Anhänger Schwarzeneggers rechnen ihm hoch an, dass er Zeit und Geld für wohltätige Zwecke eingesetzt hat. Er war Mitbegründer und Vorsitzender einer Organisation, die sich um Probleme von Kindern in Großstädten kümmert. Er wollte erreichen, dass Kinder nicht mit Gewalt, Drogen und Straßenbanden (so genannten "Gangs") in Berührung kamen.
Schwarzenegger wurde auch erfolgreicher Geschäftmann und Buchautor. Auch seine politische Karriere verlief erfolgreich. Als überzeugter Republikaner war Schwarzenegger bereits unter George Bush senior (dem Vater des jetzigen Präsidenten Georg W. Bush) seit 1990 Vorsitzender des Nationalen Rates für Fitness und Sport. Am 7. Oktober 2003 gewann er die Wahl zum Gouverneur von Kalifornien. Arnold Schwarzenegger scheint damit den Höhepunkt seiner politischen Laufbahn erreicht zu haben. Präsident der Vereinigten Staaten darf er nach der jetztigen Verfassung nicht werden, da er nicht seit seiner Geburt US-Bürger ist.
Dass Gouverneur Schwarzenegger einen zum Tode verurteilten Verbrecher nicht begnadigt hat, hat seinem Ansehen in den USA jedenfalls nicht geschadet. Sehr viele Menschen in den Vereinigten Staaten sind absolut überzeugt von der Todesstrafe. Sie würden es einem Politiker als Schwäche auslegen, wenn er einen verurteilten Mörder kurz vor dessen Hinrichtung begnadigt.
Kritik kommt aus Österreich
Doch die meisten Österreicher vertreten eine ganz andere Meinung. Der Ruf Schwarzeneggers ist dort schwer beschädigt, seit "Tookie" Williams am 13. Dezember mit einer Giftspritze hingerichtet wurde. Seine schärfsten Kritiker würden ihm am liebsten die österreichische Staatsbürgerschaft aberkennen. Sie stützen ihre Forderung auf ein Gesetz, in dem es heißt: „Einem Staatsbürger, der im Dienst eines fremden Staates steht, ist (...) die Staatsbürgerschaft zu entziehen, wenn er durch sein Verhalten die Interessen oder das Ansehen der Republik erheblich schädigt.“
Und genau dies ist in den Augen vieler Österreicher geschehen. Nach der europäischen Rechtsauffassung ist es grundsätzlich verboten, einen Menschen zu töten. Die Todesstrafe verstößt gegen das Menschenrecht. In der "Menschenrechts-Konvention" der Vereinten Nationen heißt es unmissverständlich: "Jeder Mensch hat das Recht auf Leben." Weil Schwarzenegger der bekannteste lebende Österreicher sei, vertrete er im Ausland die Republik Österreich. Durch seine erbarmungslose Härte habe er deshalb nicht nur sein eigenes Ansehen, sondern auch das Ansehen Österreichs in der Welt geschädigt. Österreich soll auf keinen Fall mit der Todesstrafe in Verbindung gebracht werden.
Als ein sichtbares Zeichen seines Protests wollten Ratsmitglieder der Stadt Graz im Januar beschließen, das „Arnold-Schwarzenegger-Stadion“ umzubenennen. Die Menschen in Schwarzeneggers Heimatstadt nehmen deutlich Abstand von dem Mann, der "Tookie" Williams sterben ließ. Doch der Gouverneur von Kalifornien hat wenige Tage darauf auf die Kritik aus Graz reagiert und ist seinerseits zum Angriff übergegangen: Er will kein Grazer Ehrenbürger mehr sein und hat außerdem seiner ehemaligen Heimatstadt verboten, weiterhin "mit meinem Namen Werbung zu machen". Das seit 1998 nach ihm benannte Stadion müsse bis Januar einen neuen Namen bekommen. Seit Weihnachten heißt es nun wieder "Stadion Graz-Liebenau". Menschenrechtsgruppen hatten sogar vorgeschlagen, die Sportstätte in "Stanley-Williams-Stadion" umzubenennen.
"Mir blieb keine andere Wahl"
Stanley "Tookie" Williams war bereits der dritte Mensch, der mit Schwarzeneggers Zustimmung hingerichtet worden ist. Im Februar 2004 hatte der Gouverneur das erste Mal die Bitte um Gnade eines verurteilten Straftäters zurückgewiesen. Damals sagte er: „Ich repräsentiere als Gouverneur ein Volk, dessen überwiegende Mehrheit für die Todesstrafe ist. Ich habe gerade diesen Fall sehr lange und gewissenhaft geprüft - aber leider nichts gefunden, das eine Begnadigung gerechtfertigt hätte." Angeblich sei es der schwerste Tag seines Lebens gewesen. Am Ende sagte er: "Mir blieb einfach keine andere Wahl."
Das verwundert, denn aus rechtlicher Sicht hatte er sehr wohl die Möglichkeit, zum Tode verurteilte Menschen zu begnadigen. Das ist in der Verfassung des US-Bundesstaates Kalifornien eindeutig geregelt. Hat ihm also sein Gewissen verboten, einen zum Tode verurteilten Straftäter vor der Giftspritze oder dem "Elekrischen Stuhl" zu bewahren? Auch das ist schwer vorstellbar, da Arnold Schwarzenegger sich gerne zu seinen österreichischen Wurzeln bekennt und nach eigener Aussage ein gläubiger Katholik ist.
Keine tiefen österreichischen Wurzeln
Aus Österreichs Verfassung ist die Todesstrafe jedoch seit über 55 Jahren verschwunden. Fast alle Österreicher lehnen diese grausame Strafe ab. Und mit seinem Christentum kann Arnold Schwarzenegger erst recht nicht begründen, dass er einen Menschen nicht begnadigen will. Der Papst hat sich als das Oberhaupt der Katholiken eindeutig gegen die Todesstrafe ausgesprochen. Die wichtigsten Botschaften des Christentums sind nicht Rache und Vergeltung, sondern Vergebung und Gnade.
"Tookie" Williams hätte es verdient gehabt, begnadigt zu werden. Früher war er ein Verbrecher, der eine Gang gegründet und viele Straftaten begangen hatte. Im Gefängnis hatte er jedoch der Gewalt abgeschworen. Bis er hingerichtet wurde hatte er 23 Jahre lang in der Todeszelle gesessen. In dieser Zeit schrieb er Kinderbücher, in denen er seine jungen Leser davor warnte, in Gangs einzutreten und Straftaten zu begehen. Insgesamt neun Mal wurde er deshalb für den Literatur- und den Friedens-Nobelpreis vorgeschlagen.
Der nächste Todeskandidat: ein kranker Greis
Die Morde, für die "Tookie" zum Tode verurteilt worden war, konnten ihm übrigens nie eindeutig nachgewiesen werden. Bis zuletzt hatte er seine Unschuld beteuert. Dass ihn Arnold Schwarzenegger trotzdem nicht begnadigen wollte, ist selbst für einige seiner Fans nur schwer zu verstehen. Offensichtlich sind "Arnies" österreichische und christliche Wurzeln doch nicht so tief, wie er immer behauptet. Nicht nur in Österreich vergleichen viele Menschen den "echten" Gouverneur von Kalifornien mit der "Terminator"-Rolle, die Arnold Schwarzenegger als Action-Held gespielt hat. Deshalb hat er einen neuen Spitznamen bekommen: "Gouvernator".
Die nächste Hinrichtung im Bundesstaat Kalifornien ist bereits am 17. Januar vorgesehen. Der mittlerweile 75-jährige Clarence Ray Allen hat Gouverneur Schwarzenegger um Gnade gebeten. Allen hatte vor wenigen Wochen einen Herzinfarkt erlitten, ist beinahe taub und blind und sitzt im Rollstuhl. Die Wahrscheinlichkeit, dass Schwarzenegger den schwer kranken Todeskandidaten verschont, ist jedoch sehr gering.
Wenn du mehr Informationen und Hintergründe zur Todesstrafe in den USA haben willst, dann klicke auf den Beitrag "Todesstrafe: Terminator ließ Tookie sterben", der oben rechts verlinkt ist.
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