von Britta Pawlak - 27.06.2008
Noch immer lagern die stummen Zeitzeugen des Kalten Krieges in Deutschland: Atombomben des US-Militärs. Laut neuesten Berichten sind diese nur unzureichend gesichert. Viele fordern den Abzug der etwa 20 Atomsprengköpfe aus dem Ort Büchel in Rheinland-Pfalz und sind der Meinung, dass es keinerlei Berechtigung für die Atomwaffen-Lagerung gibt. Jede einzelne Waffe hat ein Vielfaches der Sprengkraft der Hiroshima-Bombe. Die Mehrheit der Parteien des Bundestages ist für einen raschen Abzug der Waffen - nicht jedoch die CDU unter Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Vor einiger Zeit kam der alarmierende Bericht zutage: Die noch in Europa - darunter auch in Deutschland - gelagerten Atombomben des US-Militärs weisen massive Sicherheitsmängel auf. Die Bewachung soll mitunter von dafür nicht qualifizierten Kräften und die Instandhaltung nicht immer von speziell geschulten Atombombenexperten durchgeführt werden. Dabei muss mit solch sensiblen und hoch gefährlichen Waffen mit äußerster Vorsicht umgegangen werden.
Die Angaben über die Menge der in Deutschland gelagerten Atomwaffen gehen auseinander - nur die Regierung und das US-Militär könnten genaue Zahlen nennen. Diese sind jedoch ebenso geheim wie die exakten Orte, an denen die Waffen eingelagert werden. Auch auf dem rheinland-pfälzischen Militärflughafen in Ramstein wurden bis vor kurzem noch Atombomben gelagert. Man geht davon aus, dass die Air Base inzwischen von den Waffen geräumt ist. Letztendlich wird die NATO - das Militärbündnis zwischen nordamerikanischen und europäischen Staaten - darüber entscheiden, ob in Büchel marode Zäune ausgebessert werden und die Waffen bleiben, oder ob sie abgezogen werden.
Warum lagern in Deutschland Atombomben?
Vielen Deutschen stellt sich die Frage: Warum lagern hier überhaupt noch so viele Atomwaffen? Zu Zeiten des Kalten Krieges sollten die Waffen der Abschreckung dienen. Als die Welt in "West" und "Ost" gespalten war, rüsteten die beiden Supermächte USA und Sowjetunion mit immer stärkeren Kernwaffen auf, um den Gegner abzuschrecken und sich selbst zu schützen. Anfang der 1960er Jahre stand die Welt sogar fast vor einem Atomkrieg.
In zahlreichen Teilen der Welt stationierten die Vereinigten Staaten Kernwaffen, um diese vielerorts schnell zum Einsatz bringen zu können. So verfügen sie auch in Belgien, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und der Türkei über Atomwaffenlager. Außer Großbritannien sind die Länder selbst keine Atommächte, aber Staaten der "nuklearen Teilhabe". Diese gehört zur Abschreckungspolitik der NATO. Die stationierten Waffen werden von US-amerikanischen Soldaten bewacht. Auch deutsche Soldaten trainieren dort für den Atomwaffen-Einsatz. Über die Codes zur Zündung der Waffen verfügen die Amerikaner. Sollte es zu einem Krieg kommen, können aber Kampfflugzeuge der jeweiligen Länder mit den Atombomben ausgerüstet werden.
Ihre Strategie der Abschreckung sei für die weltweite Sicherheit wichtig, argumentieren die USA. Schon einmal setzten die Vereinigten Staaten die vernichtenden Waffen ein: Zu Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 fielen Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki. Diese legten große Teile der Städte in Schutt und Asche, töteten Hunderttausende Menschen und verseuchten weite Gebiete. Bis heute sterben Menschen an den Spätfolgen der gefährlichen radioaktiven Strahlung.
Kernwaffen für mehr Sicherheit?
Andere Länder sollen also durch eine solche Strategie abgeschreckt werden und somit keinen Angriff wagen. Zum einen ist in absehbarer Zeit aber keine Bedrohung zu erkennen, die eine solche Art der Abschreckung rechtfertigen könnte. Die Gefahr, die dagegen durch die Lagerung der Atomwaffen ausgeht, darf nicht unterschätzt werden. Außerdem argumentieren nun wiederum andere Länder, dass auch sie die gefährlichen Waffen nur zur eigenen Verteidigung besitzen wollen.
Je mehr Länder über Atomwaffen verfügen, desto größer ist das Risiko, dass es zum Einsatz der verheerenden Bombe kommen könnte. Wäre kein Land im Besitz der gefährlichen Waffen, wäre eine solche Abschreckungsstrategie überhaupt nicht nötig. Haben allerdings einige Länder Atombomben, wollen auch andere Staaten mithalten - und es kommt zur Aufrüstung. Es scheint also abwegig, dass der Besitz von nuklearen Waffen der weltweiten Sicherheit dienen soll.
Die SPD und die Oppositions-Parteien - also die nicht regierenden Parteien wie die Grünen, FDP und die Linke - sind für einen Abzug der Atomwaffen aus Deutschland. Er würde nicht nur für mehr Sicherheit sorgen, sondern wäre ein wichtiger Schritt in Richtung weltweiter Abrüstung. Die CDU will dagegen an der Abschreckungsstrategie festhalten. Politiker der Union fordern zwar, dass die Sicherheitsstandards verbessert werden. Ihrer Ansicht nach können wir aber zu unserem eigenen Schutz nicht darauf verzichten, solange es Nuklearwaffen auf der Welt gibt. Außerdem würde Deutschland ansonsten sein Mitspracherecht über den Einsatz von Atomwaffen aufgeben.
Weltweite Abrüstung möglich?
In der Eifel-Region, in der die Atombomben lagern, sind viele Menschen für eine weitere Stationierung der nuklearen Waffen. Die Mehrheit der Bürger sind dort Anhänger der CDU. Viele bangen um ihre Jobs, da die Bundeswehr in der Region einer der größten Arbeitgeber ist. Dennoch fühlen sich auch immer mehr Menschen durch die gelagerten Waffen bedroht und fordern ein schnelles Abziehen - vor allem, nachdem bekannt wurde, dass es erhebliche Sicherheitsmängel gibt.
Im "Atomwaffensperrvertrag" haben eigentlich die meisten Staaten vereinbart, niemals wieder Kernwaffen in einem Krieg einzusetzen. Außerdem darf jedes Land, das im Besitz einer Atombombe ist, diese nicht an andere weitergeben. Viele sehen in der Stationierung von US-Atomwaffen in anderen NATO-Staaten einen Verstoß gegen diesen Vertrag. Denn im Falle eines Krieges können die Waffen von den USA an die jeweiligen Staaten weitergegeben werden. Kritisiert wird auch, dass Nicht-Atommächten zwar der Besitz von Kernwaffen verboten ist, die Atommächte ihrerseits jedoch bisher nicht bestrebt sind, selbst abzurüsten. Nach Ende des Kalten Krieges wurde eigentlich eine weltweite Abrüstung der gefährlichen Waffen angestrebt. Einige Länder, die einst Atomwaffen besaßen, haben diese mittlerweile wieder zerstört - so wie Brasilien, Südafrika und Weißrussland.
Im Idealfall würde kein Staat mehr über die vernichtende Waffe verfügen - viele bezweifeln aber, dass es jemals soweit kommen wird. Einige Staaten sind noch immer im Besitz von Atombomben - auch Diktaturen wie China und Nordkorea. Bisher ist bekannt, dass auch Frankreich, Großbritannien, Russland, Indien, Pakistan und Israel über Atombomben verfügen. Weitere Länder stehen im Verdacht, im Besitz von Kernwaffen zu sein oder diesen anzustreben - denn er bedeutet Macht. Die USA sagen, dass nukleare Waffen als Abschreckung wichtig seien, solange andere - vor allem die "Schurkenstaaten" - diese besitzen. Argumentiert allerdings jedes Land auf diese Weise, kann es niemals zu einer weltweiten Abrüstung kommen.
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