Atomkraft und ihre Gefahren

Was sind die Risiken von Kernenergie und Atommüll?

von Andreas Fischer und Britta Pawlak

Befürworter der Atomkraft sagen, dass bei dieser Art der Energiegewinnung kaum schädliches CO2 ausgestoßen wird. Dafür bergen Kernkraftwerke ganz andere Gefahren. Verheerende Auswirkungen hätte ein Super-GAU wie der von Tschernobyl. Zudem ist das Problem bisher ungelöst, dass man für den gefährlichen Atommüll bisher kein "geeignetes Lager" gefunden hat. Wie sicher sind Atomkraftwerke wirklich?

Über 26 Prozent des Stroms in Deutschland wird durch Kernenergie produziert. Zurzeit gibt es in Deutschland 17 aktive Atomkraftwerke.
Pixelio (Fotograf: Chaloc)
Seit 1990 ist der Stromverbrauch in Deutschland um elf Prozent gestiegen und lag 2005 bei 611 Terawattstunden. Ein großer Teil des Stroms (über 26 Prozent) stammt aus Kernenergie. In Deutschland sind zurzeit 17 Kernkraftwerke in Betrieb.

Der Brennstoff für Atomkraftwerke ist das chemische Element Uran, mit dem die so genannten Brennstäbe hergestellt werden. In Kernkraftwerken werden die Atomkerne des Urans gespalten. Das erhitzte Wasser verdampft und treibt die Turbinen an, um Strom zu erzeugen. Dabei entsteht aber auch hochradioaktive Strahlung. Das gefährlichste Spaltprodukt bei der Kernenergie ist das Element Plutonium. Dieser hochgiftige Stoff wird auch bei dem Bau einer Atombombe verwendet.

Besorgnis erregend ist es deshalb, wenn es in Atomkraftwerken zu Störungen kommt. Insgesamt hat es innerhalb der letzten sechs Jahre fast tausend Störfälle in deutschen Atomkraftwerken gegeben. Besonders bei älteren Kraftwerken kommt es gehäuft zu Problemen und Zwischenfällen. Das Atomkraftwerk Brunsbüttel in Schleswig-Holstein soll dabei an der Spitze liegen. Seit Beginn des Betriebs im Jahr 1976 sind dort 437 Störfälle registriert worden. Aber auch Kraftwerke wie die in Krümmel (nahe Hamburg) und Biblis (Hessen) sind nicht mehr auf dem neuesten Stand und machen immer wieder negativ auf sich aufmerksam.

Ausstieg aus der Atomenergie?

20 Prozent der Energie in der EU sollen im Jahr 2020 aus Wind, Wasser, Biomasse oder Sonne gewonnen werden.
Christian Horvat
Eigentlich ist in Deutschland der Verzicht auf Atomenergie festgelegt worden. Er wurde von der damaligen rot-grünen Regierung im Jahr 2000 entschieden, und das letzte deutsche Kraftwerk sollte bis 2021 abgeschaltet werden. Schon bald äußerte Angela Merkel, die seit 2005 Bundeskanzlerin ist, ihre Bedenken über den geplanten Atomausstieg: Es würden nicht genug Alternativen für die Energieversorgung zur Verfügung stehen, da im Zuge des Klimawandels auch die Stromproduktion durch Kohlekraftwerke weiter eingeschränkt werden soll.

Im September 2010 gab die Bundesregierung aus CDU und FDP bekannt, dass die Laufzeiten der Atomkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre verlängert werden sollen - ein Beschluss, der auf viel Kritik stieß. Nach der Atomkatastrophe in Japan im März 2011 wurde diese Laufzeitverlängerung schließlich wieder rückgängig gemacht. Zukünftig sollen immer mehr so genannte "regenerative", das heißt erneuerbare Energiequellen wie Sonnen- und Windkraft genutzt werden. Von den EU-Ländern wurde beschlossen, dass im Jahr 2020 etwa 20 Prozent der Energie aus Wind, Wasser, Biomasse oder der Sonne gewonnen werden. Vielen ist das allerdings noch deutlich zu wenig. Es wird geschätzt, dass durch diese Energien sogar mehr als die Hälfte unseres gesamten Strombedarfs gedeckt werden könnte - ohne unsere Umwelt zu verpesten oder gar zu verseuchen.

Bisher haben nur sehr wenige Länder einen Verzicht auf Kernenergie geplant: Ein zukünftiger Atomausstieg wurde 1978 in Österreich, in den 80er Jahren in Schweden und Italien sowie 1999 in Belgien beschlossen. Weltweit befinden sich 28 neue Kernkraftwerke im Bau.

Großes Problem: der strahlende Atommüll

Gorleben als Endlager? Ein geeignetes Lager für hochradioaktiven Atommüll konnte bisher nicht gefunden werden.
Bundesministerium für Strahlenschutz
Neben den großen Risiken der Stromproduktion gibt es bei der Atomkraft noch ein weiteres erhebliches Problem: den hochradioaktiven Atommüll, der sich immer weiter anhäuft. Ähnlich wie bei einer Batterie ist auch jeder Uran-Brennstab irgendwann einmal am Ende. Allerdings kann er danach nicht einfach weggeworfen werden, da er wegen seiner Strahlung extrem gefährlich ist.

Es gibt noch kein wirklich "geeignetes Lager" für die verbrauchten Brennstäbe. Deshalb werden diese zunächst in eine "Wiederaufbereitungsanlage" gebracht. Dort werden sie zerlegt, wodurch einige chemische Bestandteile zurück gewonnen werden. Der Atommüll wird in Glas eingeschmolzen und in Behältern aus Gusseisen verstaut. Diese "Castoren" dienen zur Lagerung und zum Transport von radioaktivem Müll.

Immer wieder kommt es zu "Castor-Transporten". Jährlich wird in Deutschland produzierter Atommüll, der in Frankreich und England wiederaufbereitet und zwischengelagert wurde, nach Deutschland zurückgebracht. Derzeit dient ein ehemaliges Salzbergwerk nahe von Gorleben (Niedersachsen) als Zwischenlager für den gefährlichen Müll. Die Transporte werden von erheblichen Protesten der Atomkraftgegner begleitet. Viele Menschen fühlen sich durch Aufbereitungsanlagen, Atommülllager und Kernkraftwerke nahe ihrer Wohngebiete bedroht.

Größte Gefahr: Super-GAU mit verheerenden Folgen

1986 ereignete sich im Atomkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine ein Super-GAU, der schlimmste Unfall in einem AKW. Bild: Der beschädigte Reaktor im AKW Tschernobyl 2003
Elena Filatova
Befürworter der Atomenergie argumentieren damit, dass diese Art der Energiegewinnung kostengünstig sei. Zudem würde das äußerst umweltbelastende Austreten von Treibhausgasen verhindert werden, welche zum Beispiel durch Kohlekraftwerke entstehen. Außerdem sehen einige Länder zu wenig Alternativen zur Energieerzeugung und fürchten dann eine Energiekrise, bei der man in große Abhängigkeit zu anderen Ländern geraten würde.

Atomkraftgegner sind der Ansicht, dass diese Argumente in keinem Verhältnis zu den erheblichen Risiken der Kernenergie stehen. Bereits der "normale Betrieb" von Atomkraftwerken sei problematisch. Bei der Uranförderung werden extrem gesundheitsschädigende, radioaktive Stoffe freigesetzt. Kernkraftwerke bergen große Gefahren: Durch Mängel oder Unfälle könnten radioaktive Strahlen austreten.

Der schlimmste Fall wäre ein Super-GAU ("Größter Anzunehmender Unfall"), bei dem riesige Gebiete von den Strahlen verseucht würden. Im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl kam es 1986 zu einer solchen Katastrophe: Viele Menschen starben sofort, zahlreiche erkrankten schwer, und noch heute kennt man nicht das tatsächliche Ausmaß dieses Unfalls. Man nimmt an, dass hunderttausende Menschen an der Strahlenverseuchung erkranken und sterben werden oder bereits daran gestorben sind. Folgeschäden sind Krebserkrankungen, Missbildungen von ungeborenen Kindern, genetische Schädigungen und viele andere Krankheiten.

Schon bei kleinen Störfällen Gefahr der Strahlenbelastung

Eine Greenpeace-Demonstration. Immer mehr Atomkraftgegner warnen vor den erheblichen Gefahren der Kernenergie, die bis heute nicht absehbar sind.
Wikipedia
Aber auch bei kleineren Störfällen könnte Radioaktivität freigesetzt werden. Schon geringste Mengen sind extrem schädlich für die Umwelt und die Gesundheit von Mensch und Tier. In vielen Regionen nahe von Atomkraftwerken wurde eine überdurchschnittlich hohe Rate an Krebserkrankungen festgestellt. Auch in der Gegend um das Kernkraftwerk Krümmel östlich von Hamburg ist von Leukämiehäufungen die Rede.

Doch nicht nur die Atomkraftwerke selbst, sondern auch Wiederaufbereitungsanlagen, machen immer wieder negativ auf sich aufmerksam. So soll in der Anlage von Sellafield/ England über einen längeren Zeitraum unkontrolliert Radioaktivität ausgetreten sein. Es wurden in dieser Region verhältnismäßig viele Fälle von Leukämie-Erkrankungen bei Kindern und Senioren festgestellt. Die Schattenseiten der Atomenergie sind so groß und furchteinflößend, dass immer mehr Menschen für einen schnellen Atomausstieg sind.

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letzte Aktualisierung: 26.11.2011

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