von Martin Coerper und Andreas Fischer
Mit dem Beginn der Industrialisierung zu Anfang des 19. Jahrhunderts haben sich Arbeitnehmergruppen zu so genannten Gewerkschaften zusammengeschlossen. Zur damaligen Zeit wurden immer mehr Fabriken errichtet, in denen Männer, Frauen und sogar Kinder unter harten Bedingungen arbeiteten und kaum Rechte hatten. Die Gewerkschaften sollten ihre Stellung stärken - gemeinsam kämpften die Arbeiter in diesen Vereinen für menschenwürdige Arbeitsbedingungen und einen besseren Lohn. Auch Kinderarbeit sollte abgeschafft werden.
Mit der Zeit entwickelten sich daraus die Gewerkschaften, welche es mittlerweile für viele verschiedene Berufsgruppen gibt - zum Beispiel für Lokführer und Polizisten. Heute werden die Gewerkschaften als offizielle Vertreter der Angestellten anerkannt. Noch immer setzen sie sich für die Rechte der Arbeiter ein und fordern beispielsweise höhere Löhne, bessere Arbeitszeiten, mehr freie Tage und mehr Mitbestimmung in den Betrieben. Die einzelnen Berufsgewerkschaften haben sich gemeinsam zu verschiedenen Gewerkschaftsbünden zusammengeschlossen - der größte in Deutschland ist der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), welcher wiederum dem Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) angehört.
Damit sich einzelne Arbeitgeber nicht einer großen und mächtigen Gewerkschaft ausgesetzt sahen, haben aber auch sie Verbände gegründet, um ihre Stellung zu verbessern. So wurde es möglich, dass durch freie Vereinbarungen zwischen den Arbeitnehmer- und Arbeitgebervereinigungen von großen Gruppen festgelegt wurde, nach welchen Bedingungen die Angestellten Arbeit leisten, um dafür Geld zu bekommen. Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland, der Bundesrepublik Österreich oder der Bundesrepublik Schweiz (Schweizerische Eidgenossenschaft) werden diese Bedingungen im Rahmen der Gesetze frei ausgehandelt - und zwar durch die Gewerkschaften und die Arbeitgeber.
Die Ergebnisse der Verhandlungen werden im "Tarifvertrag" festgehalten (das Wort "Tarif" kommt aus dem Arabischen und bedeutet "Bekanntmachung" oder auch "Preisliste" - es bezeichnet den festgelegten Preis für etwas). Der Tarifvertrag regelt die Höhe des Gehalts einer bestimmten Berufsgruppe, die Menge der Urlaubstage und viele weitere Dinge. Können sich die Gewerkschaften und die Arbeitgeber jedoch nicht einigen, kann es zu einem Arbeitskampf kommen: Als letztes Mittel zur Konfliktlösung setzen die Arbeitnehmer den Streik ein. Damit ist die geplante Niederlegung der Arbeit für einen bestimmten Zeitraum gemeint, durch welche der Arbeitgeber unter Druck gesetzt werden soll. Dieser muss den Streik aber nicht einfach über sich ergehen lassen. Er kann im Gegenzug einen Teil der nicht streikenden Arbeitnehmer "aussperren" - zum Beispiel schließt der Firmenchef die Tore seiner Fabrik und lässt auch keinen der arbeitswilligen Mitarbeiter mehr hinein.
Aber erst, wenn seit Beginn der Verhandlungen ein bestimmter Zeitraum überschritten wird, dürfen die Arbeiter streiken und die Chefs ihre Angestellten aussperren. Sowohl die Angestellten als auch die Arbeitgeber müssen sich also bei einem Arbeitskampf an bestimmte Regeln halten. Dennoch dürfen sie den Konflikt untereinander austragen, ohne dass der Staat sich einmischt. Diese verfassungsrechtlich gesicherte Freiheit nennt man "Tarifautonomie" (der Begriff "Autonomie" kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet "Selbstständigkeit" oder "Unabhängigkeit").
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