von Felicia Chacón Díaz und Björn Pawlak
Seine Filme haben Kultcharakter, viele von ihnen gelten als "Klassiker" der Filmgeschichte. Hitchcock (Spitzname "Hitch") hat sich als "Master of Suspense" - also "Meister der Spannung" - einen Namen gemacht, weil er es wie kaum ein Zweiter verstand, Spannungsbögen aufzubauen und den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Ein immer wiederkehrendes Thema seiner Filme sind die Ängste und psychischen Abgründe der Menschen, so etwa in seinen berühmten Filmen "Die Vögel", "Psycho" oder "Vertigo".
Auch 30 Jahre nach seinem Tod - Hitchcock verstarb am 29. April 1980 - laufen die über 50 Filme, bei denen Hitchcock Regie führte, in den nächtlichen Fernsehprogrammen und in den Programmkinos rauf und runter. Neben seiner Regiearbeit wirkte Hitchcock auch als Filmproduzent und als Darsteller. Hitchcock ist nach wie vor einer der berühmtesten Regisseure der Filmgeschichte. Eine Besonderheit ist, dass er in fast allen seinen Filmen einen Auftritt als Nebendarsteller hat (man nennt das "Cameo-Auftritt") - oft kann man ihn nur für wenige Sekunden sehen, so dass es den meisten Betrachtern überhaupt nicht auffällt.
Seine Karriere als Künstler begann in England. Später zog es ihn, wie so viele großen Filmemacher, in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo er durch den Einsatz neuartiger filmischer Techniken zu einem Vorreiter für viele nach ihm kommenden Filmemacher wurde. Sein "Lieblingsgenre" war der "Thriller" - "Genre" ist der Überbegriff für eine bestimmte Klasse von Spielfilmen, "Thriller" (zu Deutsch "Nervenkitzel") nennt man solche Filme, die von Anfang bis Ende zunehmende Spannung aufzubauen versuchen.
Meist treten die Hauptdarsteller in Hitchcocks Filmen als Mann-Frau-Paar auf, wobei Hitchcock die weibliche Hauptrolle gerne mit einer Blondine besetzte. Der weiblichen Rolle kamen dabei häufig klischeehafte Eigenschaften wie Schutzbedürftigkeit und Gutgläubigkeit zu, was bis heute nicht bei allen Zuschauern gut ankommt. Unbestritten ist jedoch, dass seine Filme eine ganz eigentümliche Handschrift tragen.
Kindheit und Schulzeit in England
Geboren wurde Alfred, der mit vollem Namen Alfred Joseph Hitchcock hieß, als jüngstes Kind seiner Eltern am 13. August 1899 im englischen Leytonstone, einem Stadtbezirk am nordöstlichen Rand Londons. Alfreds Vater William Hitchcock arbeitete als Gemüsehändler, seine Mutter trug den Geburtsnamen Emma Jane Whelan. Die Familie war streng katholisch - das war im protestantisch-anglikanisch geprägten England eher die Ausnahme. So war es nur folgerichtig, dass Alfred für einige Jahre eine Londoner Jesuitenschule besuchte, nämlich das "College St. Ignatius".
Hitchcock war ein einzelgängerisches Kind, das in der Schule mit sehr guten Leistungen auf sich aufmerksam machte. Mit 14 Jahren verließ der junge Alfred die Jesuitenschule, um in London die "School of Engineering and Navigation" zu besuchen. Außerdem ließ er sich in Kursen an der Londoner Kunstakademie im Fach "Technisches Zeichnen" ausbilden - Alfred war nicht nur ein sehr begabter Zeichner, sondern auch ein talentierter Fotograf. In dieser Zeit erwachte auch sein Interesse fürs Kino, das damals ein sich ganz neu entwickelndes Medium war. 1914 starb Alfreds Hitchcocks Vater - der Junge hatte zu ihm allerdings kein sehr enges Verhältnis aufgebaut. Nach der erfolgreich abgeschlossenen Schulausbildung arbeitete der junge Hitchcock zunächst als Technischer Angestellter einer Firma, die elektrische Leitungen herstellte. Seine Kreativität lebte Alfred Hitchcock zunächst durch das Verfassen von spannenden Kurzgeschichten aus.
Hitchcocks Hinwendung zum Kino
Anfang der 1920er Jahren gelang es Hitchcock erstmals, eine Anstellung in der Filmindustrie zu finden - er zeichnete Zwischentitel für Stummfilme und entwarf später für die in London ansässige Produktionsgesellschaft "Paramount Famous Players-Lasky" Kostüme, Dekorationen und Szenenbilder. Außerdem half er bei der Überarbeitung von Drehbüchern. Besonders die Arbeit als Zeichner kam Hitchcock auch in seiner späteren Regiearbeit sehr zugute - stets plante er seine Filme mithilfe von Skizzen ausführlich und mit Perfektion durch.
1922 führte Hitchcock dann zum ersten Mal selbst Regie, nachdem der für den Film "Always Tell Your Wife" vorgesehene Regisseur plötzlich erkrankt war. Hitchcock beendete den Film und ließ zum ersten Mal sein Talent als Filmemacher aufblitzen. Bei den Dreharbeiten lernte er außerdem seine spätere Ehefrau Alma Reville kennen, die er am 2. Dezember 1926 heiratete und die 1928 die gemeinsame Tochter Patricia zur Welt brachte. Alma hatte als "Cutterin" (von Englisch "to cut", das bedeutet "schneiden") mit Hitchcock zusammengearbeitet. Ein "Cutter" ist bei der Filmproduktion für den Schnitt des Filmmaterials verantwortlich - gedrehte Filmszenen wurden der damaligen Technik entsprechend durch das Schneiden neu zusammengefügt, bis die den Regisseur zufrieden stellende Reihenfolge erreicht ist (man nennt das auch "Montage").
Hitchcocks erster eigener, allerdings unvollendet gebliebener Film hieß "Number 13". Bevor er als Regisseur weitgehend selbständig arbeitete, blieb Hitchcock noch einige Filme lang Regieassistent von Graham Cutts. Ab 1926 war Hitchcock dann weitgehend alleine verantwortlich für seine Filme. Sein erster vollendeter eigener Film hieß "The Lodger" (deutscher Titel "Der Mieter") - die Geschichte ist eine für Hitchcock typische: Ein einzelgängerischer Pensionsgast wird verdächtigt, ein Serienmörder zu sein - Opfer sind Blondinen, und wie sich später herausstellt ist der Mieter unschuldig. 1928 führte Alfred Hitchcock Regie in seinem ersten in England erfolgreichen Film, der den Titel "Blackmail" (deutscher Titel "Erpressung") trug. "Blackmail" sollte ursprünglich ein Stummfilm werden, aber Hitchcock vertonte den Film nachträglich. Damals war der Tonfilm noch eine Neuheit und manche befürchteten sogar, dass durch den Einsatz des Tons der künstlerische Anspruch von Filmen leiden könnte.
Karriere in den USA
Es folgten weitere Filme, die erfolgreich in den Kinos liefen und Hitchcocks Namen schließlich auch in den USA bekannt machten - bedeutend waren "The Man Who Knew Too Much" ("Der Mann, der zuviel wusste") im Jahr 1934, "The 39 Steps" ("Die 39 Stufen") im Jahr 1935, "Lady Vanishes" ("Eine Dame verschwindet") im Jahr 1938 und "Jamaica Inn" ("Riff-Piraten") im Jahr 1939. Besonders die beiden letztgenannten Filme kamen beim US-Publikum sehr gut an. Der Hollywood-Filmproduzent David O. Selznick nahm den talentierten englischen Nachwuchsregisseur Hitchcock anschließend für seine Produktionsfirma unter Vertrag - Alfred Hitchcock verließ England, um sein Glück in den USA zu suchen.
1940 siedelte Hitchcock mit seiner ganzen Familie in die USA über. Dort drehte er zunächst den Film "Rebecca", der nicht nur vom Publikum, sondern auch von den Kritikern mit Lob überhäuft wurde. In den Kategorien Kamera und Produktion gab es für "Rebecca" den begehrten Oscar-Filmpreis. Sein Vertrag in Hollywood sah vor, pro Jahr einen Film zu liefern. Hitchcocks Boss Selznick verdiente Geld, indem er seinen Starregisseur an verschiedene Filmstudios auslieh. Im Hollywood-System waren die Regisseure den Zwängen ihrer Produktionsfirmen ausgesetzt - Alfred Hitchcock musste sich daran gewöhnen, dass seine Auftraggeber ihn inhaltlich und bezüglich der Darstellungsweise häufig nicht so gewähren ließen, wie er wollte.
Der nächste große Filmwurf Hitchcocks war das 1943 fertiggestellte Werk "Shadow Of A Doubt" (deutscher Titel "Im Schatten des Zweifels"). Im September des Jahres 1943 verstarb Hitchcocks Mutter, was bei ihm eine seelische Krise auslöste. Hitchcock bekam gesundheitliche Probleme und verlor innerhalb weniger Monate an die 40 Kilogramm Körpergewicht (später in seinem Leben neigte er zur Dickleibigkeit).
Unabhängigkeit und großer Durchbruch
1948 wurde Hitchcock ein ganzes Stück unabhängiger - er sagte sich von Selznick los und wurde zum Produzenten seiner eigenen Filme. In den 1950er Jahren war sein Name so Erfolg versprechend, dass er für seine Filmprojekte genug finanzielle Mittel zusammentragen konnte, um so die besten Hollywood-Darsteller und -Darstellerinnen für sein Filme zu gewinnen. Hitchcock soll dabei nicht zimperlich mit seinen Stars umgegangen sein - immer wieder gab es seitens der Schauspieler Beschwerden darüber, dass der Regisseur ihnen gegenüber rüde und herrisch auftreten würde. Zu dieser Zeit hielt Hitchcock Ausschau nach attraktiven Blondinen unter den Schauspielerinnen, um mit ihnen seine weiblichen Hauptrollen zu besetzen. Unter anderen wirkten Ingrid Bergman, Grace Kelly, Kim Novak, Tippi Hedren, Doris Day und Eva Marie Saint in seinen Filmen mit.
Langsam nahm man Hitchcock in Hollywood als einen der größten Meister war - besonders seine "Cameos" (die Kurzauftritte des Regisseurs in seinen Filmen) und seine kunstvoll gestrickten Handlungsmuster galten als einmalig. Die Handschrift Hitchcocks in seinen Filmen war so unverkennbar, dass man den Namen des Regisseurs später stets im Filmtitel nannte - man sprach von "Alfred Hitchcock's Psycho" (der Film - deutscher Titel "Psycho" - kam 1960 in die Kinos) oder von "Alfreds Hitchcock's The Birds" (Film von 1963, deutscher Titel "Die Vögel").
Noch in den 1940er Jahren entstanden Meilensteine der Filmgeschichte wie der Anti-Kriegsfilm "Lifeboat" (1943, deutscher Titel "Das Rettungsboot"), der sich mit Sigmund Freuds Psychoanalyse beschäftigende Film "Spellbound" mit Ingrid Bergman und Gregory Peck (1945, deutscher Titel "Ich kämpfe für dich"), "Notorious" (1946, deutscher Titel "Berüchtigt" - ebenfalls mit Ingrid Bergman), "The Paradine Case" (1947, deutscher Titel "Der Fall Paradin") mit Gregory Peck oder "Rope" (1948, "Cocktail für eine Leiche") mit James Stewart - Hitchcocks erster Film in Farbe.
Die glorreichen 50er Jahre
Nach den erfolgreichen Hollywood-Jahren in den 1940ern hätte Alfred Hitchcock, der mittlerweile ein reicher Mann geworden war, es ruhig angehen lassen können. Aber der Starregisseur war von seiner Arbeit besessen und produzierte auch im nun folgenden Jahrzehnt Film für Film. 1955 ließ sich Hitchcock in den Vereinigten Staaten von Amerika einbürgern - er nahm die US-Staatsbürgerschaft an. Zeitweise arbeitete Hitchcock in den 1950ern auch fürs Fernsehen - für den Sender "Columbia Broadcasting System" ("CBS") wirkte er in dem wöchentlichen Fernsehprogramm "Hitchcock Presents" mit.
In kürzester Zeit stellte Hitchcock Anfang des Jahrzehnts das Psychodrama "Under Capricorn" ("Sklavin des Herzens"), "Stage Fright" ("Die rote Lola") mit der deutschen Schauspielerin Marlene Dietrich und "Strangers On A Train" ("Der Fremde im Zug") fertig - diese Filme drehte er für die US-amerikanische Film- und Fernsehgesellschaft "Warner Bros. Entertainment", die ihn gut bezahlte und ihm alle Freiheiten ließ.
In den 1950er Jahren fand Hitchcock außerdem seine neue Lieblingsdarstellerin, nämlich Grace Kelly, die spätere Fürstin von Monaco - sie heiratete 1956 Fürst Rainier III., um sich von Hollywood und von der Schauspielerei zu verabschieden. Hitchcock empfand Faszination und Zuneigung für Grace Kelly und drehte mit ihr gleich mehrere Filme. Gemeinsam entstanden in den Jahren 1954 und 1955 die Filme "Dial M For Murder" ("Bei Anruf Mord"), "Rear Window" ("Das Fenster zum Hof") und "To Catch A Thief" ("Über den Dächern von Nizza"). Männlicher Hauptdarsteller Hitchcocks war in dieser Zeit neben Cary Grant auch James Stewart - beide spielten an der Seite von Grace Kelly.
Erfolgreich war auch Hitchcocks Zusammenarbeit mit der Schauspielerin Shirley MacLaine - 1955 feierte der gemeinsame Film "The Trouble With Harry" ("Immer Ärger mit Harry") Premiere. Die in den späten 1950ern folgenden Filme sind die bis heute vielleicht berühmtesten im "Oeuvre" Hitchcocks - mit dem französischen Begriff "Oeuvre" (eigentlich "Œuvre") bezeichnet man das Gesamtwerk eines Künstlers. 1956 entstanden "The Man Who Knew Too Much" ("Der Mann der zuviel wusste") und "The Wrong Man" ("Der falsche Mann"). Es folgten die großartigen Filme "Vertigo" (deutscher Titel "Vertigo - aus dem Reich der Toten") mit Kim Novak und James Stewart - vielleicht Hitchcocks bester Film - und das rasante Werk "North By Northwest" ("Der unsichtbare Dritte") mit Cary Grant und Eva Marie Saint: Der unwissende Grant wird hier irrtümlicherweise für einen Geheimagenten gehalten und durchs halbe Land gejagt.
Die letzten Jahre
Mit seinem 1960 Premiere feierndem Film "Psycho" setzte Hitchcock noch einmal neue Maßstäbe - der Film war nicht nur spannend, sondern bot den Zuschauern "Schockeffekte". Für viele gilt dieser Films als Geburt des Filmgenres "Thriller". Dieser Film hatte einen so großen finanziellen Erfolg, dass Hitchcock die teilweise negativen Reaktionen der Filmkritiker verschmerzen konnte.
Auch Hitchcocks nächster großer Film "The Birds" (deutscher Titel "Die Vögel", 1963) bricht mit der Tradition seiner früheren Filme - Hitchcock nähert sich hier dem Horrorgenre. In die scheinbare Idylle zwischen Mensch und Natur kommt ein Bruch - die Welt der Vögel bricht als mörderische Urgewalt über die menschliche Zivilisation herein. Ein weiterer Thriller folgte 1964 mit "Marnie" - die weibliche Hauptrolle hier wie auch in "Die Vögel" spielte Tippi Hedren.
Anfang der 1970er Jahre - Hitchcock drehte gerade für seinen Film "Frenzy", der in seiner alten Heimat London spielt - erlitt Alma Hitchcock einen Herzinfarkt. Obwohl der Film zu Ende gedreht wurde, schien die Sorge um seine Frau den Regisseur so mitzunehmen, dass sich bei ihm ebenfalls gesundheitliche Probleme und vor allem Erschöpfung und Niedergeschlagenheit breit machten. Hitchcock griff vermehrt zum Alkohol und verspürte wenig Lust, an seinen Filmen weiterzuarbeiten.
Erst 1976, als es seiner Frau besser ging, stürzte er sich wieder in die Arbeit. Es entstand sein 53. und letzter Film "Family Plot" (deutscher Titel "Familiengrab"), in dem er auf humorvolle Weise mit dem Genre Krimi spielt. Aufgrund von Problemen mit den Nieren verschlechterte sich Hitchcocks Gesundheitszustand bald zusehends. Am 29. April verstarb Hitchcock in seinem Haus in Los Angeles an Nierenversagen. 30 Jahre nach seinem Tod ist er als Klassiker der Filmgeschichte nicht mehr wegzudenken.
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