28.04.2006
Manfred Michlits (37) will innerhalb eines Jahres um die ganze Welt laufen. Am 1. Januar 2007 wird er in Wien loslaufen und will dort am 31. Dezember auch wieder ankommen. Dazwischen liegen vier Kontinente und über 25.000 Kilometer Landstrecke (insgesamt hat die Erde ungefähr einen Umfang von 40.000 Kilometern). Um sein Ziel zu erreichen, muss er jeden Tag die Strecke von fast zwei Marathon-Läufen bewältigen. Das Helle Köpfchen hat sich mit dem österreichischen Extremsportler über seinen verrückten Weltrekord-Versuch unterhalten.
Helles Köpfchen: In einem Jahr um die ganze Welt laufen - warum tust du dir so etwas an? HK: Wirst du die Welt im Laufschritt oder als Wanderer durchqueren? HK: Muss man unbedingt erwachsen sein, um so lange Strecken laufen zu können? HK: Wie bereitest du dich auf den "World Charity Run" vor?
Manfred Michlits: Ich will mit dem "World Charity Run" (Welt-
HK: Wie bist du auf die Idee gekommen?
Michlits: Ein Bekannter von mir ist der Radfahrer Sepp Bräsnig. Der ist vor ein paar Jahren für den guten Zweck mit dem Rad um die Welt gefahren. Die Aktion erbrachte nach Zeitungsangaben 175 Millionen Euro Spendengelder. Da dachte ich mir, so etwas kann ich auch auf die Beine stellen.
HK: Hat schon einmal jemand vor dir eine ähnliche Aktion geplant?
Michlits: Nein. Ich werde der erste Mensch sein, der innerhalb von einem Jahr einmal um die Erde läuft. Für die 25.200 Kilometer werde ich 50 Millionen Schritte zurücklegen. Das ist eine große sportliche Herausforderung. Wobei ich betonen möchte, dass es auch andere Ultraläufer gibt, die ähnlich große Distanzen laufen können und auch laufen. Doch sie laufen meistens nur für sich. Und ihr Weg führt sie immer wieder quer durch Europa, aber nicht durch andere Kontinente.
Michlits: Auf jeden Fall kann kein Ultraläufer auf der ganzen Welt eine so weite Strecke rennen. Ich werde gemütlich joggen. Hin und wieder werde ich auch mal zehn Minuten Gehpause einlegen, wenn sich meine Muskeln melden.
HK: Willst du dein Ziel ganz alleine erreichen?
Michlits: Natürlich nicht. Ich werde die ganze Zeit von zwei Fahrzeugen begleitet. Eine Physiotherapeutin gehört genauso zum 17-köpfigen Team wie zwei andere Sportler. Die werden sich abwechseln und mich begleiten. Mal zu Fuß, mal mit Inline-Skates oder auf dem Rad. Aber sie müssen mit mir die Berge hoch. Und dann gilt: "Geteiltes Leid ist halbes Leid."
HK: Bei so vielen Helfern, die dich begleiten, wirst du dich zumindest nicht einsam fühlen.
Michlits: Bestimmt nicht. Wahrscheinlich wird es sogar immer wieder kleine Laufgruppen geben, die mich begleiten. Ich gehe davon aus, dass immer mal wieder einheimische Sportler für ein paar Kilometer mitlaufen wollen - und dann genauso schnell verschwinden, wie sie gekommen sind. Wenn das geschieht, freue ich mich sehr. Denn damit zeigen die Leute, dass sie mein Projekt unterstützen. Außerdem trägt das zur Völkerverständigung bei.
Michlits: Eigentlich sind Ultraläufe nichts für Kinder und Jugendliche. Da kann es nämlich schon mal vorkommen, dass man 20 Kilometer alleine einen steilen Anstieg hochläuft. Und neben dem Weg geht es 500 Meter steil in die Tiefe. Das könnte gefährlich werden, wenn man am Ende der Kräfte angelangt ist und verzweifelt.
HK: Was meinst du mit "eigentlich"?
Michlits: Im vergangenen Jahr ist ein neunjähriges Mädchen bei einem schweren Ultra-Höhenlauf mitgelaufen. Der ging über 56 Kilometer, wobei 2.000 Höhenmeter überwunden werden mussten. Das Mädchen war phänomenal und hat die Strecke ganz souverän geschafft. Sie musste zwischendurch sogar auf den Papa warten, der nicht mehr mithalten konnte. Aber dieses Mädchen ist eine absolute Ausnahme.
Michlits: Seit 2004 trainiere ich bis zu neunmal in der Woche. Heinrich Bergmüller, der Konditionstrainer von Skirennläufer Hermann Maier, hat einen optimalen Trainingsplan für mich entwickelt. Dabei ist mein Training in Vier-Wochen-Zyklen eingeteilt. In der ersten Woche laufe ich locker um die 50 Kilometer am Tag, in der zweiten mehr und in der dritten Woche dann 160 Kilometer. In der vierten Woche sind es dann wieder wenige Kilometer, damit sich mein Körper erholen kann.
HK: Wie viele Kilometer musst du jeden Tag zurücklegen, um dein Ziel zu erreichen? HK: Für welche Route um die Welt hast du dich entschieden? HK: Der Weg durch Asien klingt auch nicht ganz ungefährlich. HK: Trotzdem ist so ein Projekt sicher nicht ganz billig.
Michlits: Geplant ist, dass ich jeden Tag 74 Kilometer laufe. Ruhetage sind keine vorgesehen. Wenn ich ein paar Tage lang aber über 80 Kilometer Strecke schaffe, könnte ich einen Tag rauslaufen. Allerdings werde ich spätestens in den Bergen der Türkei und Indiens keine 74 Kilometer am Tag schaffen. Daher brauche ich ein Polster, damit ich auch in diesen schwierigen Etappen im Zeitplan bleibe.
HK: Du willst mit dem Lauf die S.O.S.-Kinderdörfer unterstützen. Wirst du auch hin und wieder an so einem Dorf eine Pause einlegen?
Michlits: Das kann ich gerne tun, wenn es halbwegs auf dem Weg liegt und das Kinderdorf es auch möchte. Wir wollen auf keinen Fall dort den armen Kindern etwas wegessen. Aber wenn ein Dorf sagt, dass die Kinder sich riesig über einen Besuch von uns freuen würden, kommen wir natürlich gerne vorbei.
Michlits: Der "World Charity Run" soll durch etwa 40 Länder in Europa, Asien, Australien und Nordamerika führen. Los geht's von Wien aus über Ungarn und Griechenland nach Asien. Dann laufe ich über die Türkei, den Iran und Pakistan nach Nepal und weiter nach Indien. Von dort geht es weiter über Bangladesh, Myanmar, Vietnam und Laos nach Hongkong. Anschließend geht's mit dem Flugzeug nach Australien, das ich durchqueren werde. Danach fliege ich mit dem Flugzeug an die Westküste der USA und laufe von Los Angeles nach New York an der Ostküste. Zum Schluss fliege ich zurück nach Europa und laufe von Portugal über Spanien und Frankreich nach Österreich. Am 31. Dezember 2007 will ich wieder in Wien ankommen.
HK: Ist es überhaupt möglich, in all diese Länder einzureisen?
Michlits: Wir bemühen uns gerade, eine schriftliche Einreiseerlaubnis für Myanmar zu bekommen. Da ist die Einreise für unsere Begleitautos eigentlich verboten. Doch die österreichische Regierung hat sich für uns eingesetzt und wir haben schon eine mündliche Zusage. Für den Notfall gibt es aber eine Alternativroute.
Michlits: Stimmt. Aber von Rucksacktouristen haben wir erfahren, dass die Menschen im Krisengebiet zwischen Pakistan und Indien unglaublich herzlich sind und "Urlauber" sehr freundlich empfangen. Richtig gefährlich ist wohl der Weg durch Pakistan, denn dort liegen viele versteckte Minen. Und unser Weg führt auch noch mitten durch das "Goldene Dreieck" in Myanmar. Das ist ein offizielles Kriegsgebiet, in dem entlang der Wege viele Heckenschützen lauern. Aber wir glauben, dass die Scharfschützen kein Interesse an uns haben werden. Das haben uns andere Reisende von dort berichtet.
Michlits: Je näher der 1. Januar 2007 kommt, desto mehr freue ich mich auf das Abenteuer.
HK: Wo wirst du während des "World Charity Run" schlafen und was wirst du essen?
Michlits: Die Begleitfahrzeuge sind Campingbusse, in denen wir kochen und auch übernachten werden. Durch die Selbstverpflegung wollen wir Geld sparen.
Michlits: Die festen Kosten liegen bei etwa 500.000 Euro. Damit kostet jeder Schritt des "World Charity Run" etwa 1 Cent. Einen Großteil des Geldes wollen wir durch Sponsorengelder abdecken. Dafür verkaufen wir Werbeflächen auf meiner Kleidung, den Begleitbussen und auf der Homepage. Alle Spenden, die über 500.000 Euro liegen, gehen direkt an die S.O.S.-Kinderdörfer.
HK: Hast du dir genau überlegt, welche Kinderdörfer du unterstützen willst?
Michlits: Nein, das soll die Organisation S.O.S. Kinderdorf International entscheiden, die in Österreich sitzt. Dort sind die Experten, die genau wissen, wo das Geld am dringendsten gebraucht wird. Ob und wie viel Geld zum Beispiel für Kinderdörfer in Österreich verwendet wird, muss dort entschieden werden.
HK: Kannst du das Helle Köpfchen auf dem Laufenden halten, sobald es etwas Neues gibt?
Michlits: Klar. Vielleicht wollen ja schon ein paar eurer Leser zum Isar-Lauf nach Bayern kommen. Das ist die erste Generalprobe für mich. Denn ich laufe nicht "nur" die ganze Isar von der Mündung bis zur Quelle, sondern ohne die anderen Teilnehmer noch weiter bis nach Wien. Das sind dann 338 Kilometer. Und wenn es im Januar 2007 losgeht, können sich die Leser des Hellen Köpfchens auf Bilder und Berichte von unserem Projekt aus vielen Ländern freuen.
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