21.01.2006
Im Vatikan, dem kleinsten Staat der Welt, trifft man auf Männer mit Ritterhelm und in bunter, mittelalterlicher Kleidung. Sie gehören zur Schweizergarde, die Papst Julius II. am 21. Januar 1506 gegründet hat. In den vergangenen 500 Jahren haben die Schweizer Soldaten schon einigen Päpsten das Leben gerettet.
"Es ist schon eine große Ehre, wenn man zum auserwählten Kreis der Schweizergardisten gehört", erzählt Beat Bächler dem Hellen Köpfchen. Er selbst war von 1970 bis 1972 Mitglied des Sicherheitsdienstes des Heiligen Stuhls, wie der Vatikan offiziell heißt. "Doch auch wenn es nur zwei Jahre waren, haben sie mir sehr viel gegeben, und ich möchte sie nicht missen." Heute sitzt Beat Bächler in seinem Büro in der Schweiz und organisiert die Feierlichkeiten zum 500-jährigen Gardejubiläum.
Als Papst Julius II. am 21. Januar 1506 die ersten Schweizer Söldner unter der Führung ihres Hauptmanns Kaspar von Silenen in Rom begrüßte, eilte den rauen Männern aus den Bergen ein sehr guter Ruf voraus. Die Eidgenossen hatten sich zu dieser Zeit in Kriegen erfolgreich gegen das Habsburgische Österreich sowie den Herzog von Mailand zur Wehr gesetzt und dadurch ihre Unabhängigkeit erfolgreich verteidigt. Viele Päpste damals waren keineswegs so friedliche Männer wie die heutigen Päpste. Auch Julius II. war in viele Streitereien und Kriege verstrickt. Um seine Macht zu sichern oder sogar auszubauen, griff er auf die erfahrenen Schweizer Krieger zurück.
Unbedingte Treue für den Papst
Ihre "Treue bis in den Tod" mussten die Schweizer Gardisten schon oft beweisen. Am 6. Mai 1527 bei der Plünderung Roms durch deutsche Landsknechte und spanische Söldner unter der Führung von Kaiser Karl V. (des Fünften) konnte der damalige Papst Clemens VII. (der Siebte) gerettet werden. 147 der 189 Mitglieder der Schweizergarde sind bei den Kämpfen umgekommen, als sie das Leben des Papstes verteidigten. Das Ereignis ist unter dem Namen "Sacco di Roma" (Plünderung von Rom) in die Geschichtsbücher eingegangen. Zum Andenken und zu Ehren der heldenhaften Ahnen werden noch heute jedes Jahr am 6. Mai die neuen Schweizergardisten feierlich vereidigt.
Für die Treue der Schweizer Gardisten gibt auch ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit. Am 13. Mai 1981 war es wieder ein Schweizergardist, der Papst Johannes Paul II. das Leben rettete. Als ein Attentäter auf den Papst schoss, fing Hauptmann Alois Estermann den verletzten Papst auf und schirmte ihn mit seinem eigenen Körper gegen weitere Kugeln ab.
Moderne Personenschützer und Ehrendienst
Seit dem Papst-Attentat von 1981 haben sich die Aufgaben der Schweizergarde verändert. Die Gardisten sind mittlerweile sehr gut ausgebildete Sicherheitsexperten, die den Papst in ihrer unauffälligeren blauen Uniform überall hin begleiten und für seinen Schutz sorgen. Bei öffentlichen Messen sorgen sie außerdem für Ordnung unter den Pilgern auf dem Petersplatz.
Zum Dienst bei der Schweizergarde gehört auch, feierlich auszusehen und zu repräsentieren. Dafür legen die Gardisten dann ihre festliche gestreifte Paradeuniform an. Zu besonderen Anlässen legen sie ihren eisernen Brustpanzer an und setzen den historischen Helm auf. Dann sehen die Schweizergardisten aus wie mittelalterliche Ritter, die stolz zum "Ehrendienst" für den Papst antreten.
Nur Wenige werden auserwählt
Für den angesehenen und gut bezahlten Beruf des Schweizergardisten kann sich nicht jeder bewerben. Es gibt gerade einmal 110 aktive Mitglieder der Schweizergarde. Wenn eine Stelle frei wird, können sich nur katholische Schweizer melden, die zwischen 19 und 30 Jahren alt sind.
Ein Schweizergardist muss außerdem sportlich und unverheiratet sein, darf keinen Bart tragen und muss von der Pfarrei seines Heimatortes einen "untadeligen Lebenswandel" bescheinigt bekommen. Nach der Grundausbildung in der Schweizer Armee und einer abgeschlossenen Berufsausbildung kann er sich dann bei der Rekrutierungsstelle in Neuhausen als Schweizergardist bewerben. Wer dann ausgewählt wird, gehört einer der besten militärischen Eliteeinheiten der Welt an. Der Dienst dauert mindestens zwei Jahre. Für ihre Dienstzeit erhalten die Schweizergardisten übrigens einen zweiten Pass. Sie werden vatikanische Staatsbürger.
Auch wenn sie nach dem Ausscheiden wieder zu "normalen" Schweizern werden, halten die ehemaligen Gardisten zusammen. Über die Hälfte der etwa 1600 noch lebenden "Ehemaligen" trifft sich regelmäßig und schwelgt in alten, gemeinsamen Erinnerungen, erzählt Beat Bächler. "Man ist einfach stolz, einmal zu dem auserlesenen Kreis gehört zu haben."
Hinweis zum Copyright: Die private Nutzung unserer Webseite und Texte ist kostenlos. Schulen und Lehrkräfte benötigen eine Lizenz. Weitere Informationen zur SCHUL-LIZENZ finden Sie hier.
Wenn dir ein Fehler im Artikel auffällt, schreib' uns eine E-Mail an redaktion@helles-koepfchen.de. Hat dir der Artikel gefallen? Unten kannst du eine Bewertung abgeben.