Haiti: Kindersklavin ohne Eltern

Teil 4 von 5

04.09.2005

Gladys sollte sie es besser haben als ihre Eltern, die in Armut auf dem Land in Haiti leben. Das hatten die Männer ihren Eltern versprochen. Doch das elfjährige Mädchen landete "in der Hölle". Sie musste als Kindersklavin in einer Armensiedlung schuften.

Gladys wohnt mit ihrer Familie in dieser Wellblechhütte. (Quelle: Kindermuseum Frankfurt)

Gladys Eltern sind arme Bauern, die auf dem Land leben. Sie hat viele Geschwister und ihre Eltern haben nicht genug Geld, um für alle ausreichend Essen zu besorgen und sie in die Schule zu schicken. Sie können nicht richtig für ihre Kinder sorgen. In ihrem Dorf gibt es keine Elektrizität und auch kein fließendes Wasser. Eines Tages kamen gut gekleidete Männer in großen Autos zu ihnen ins Dorf. Sie suchten nach Kindern, die für Familien in der Großstadt arbeiten können. Gladys Eltern glaubten damals, dass es für sie besser sei, wenn sie das Dorf mit den so reich aussehenden Männern verlassen würde. Sie erhofften, dass Gladys für etwas Mitarbeit im Haushalt dann auch in einem großen Haus bei wohlhabenden Leuten leben würde und nicht mehr - wie sie - in einer schäbigen Hütte aus Wellblech.

Aber nichts davon traf ein. Die Männer versprachen Gladys Mutter, sie in die Schule zu schicken, schließlich war sie schon acht Jahre alt. Sie haben gesagt, dass sie lesen und schreiben lernen wird, um später einmal einen guten Beruf zu finden. Sie müsse dafür nur wenige Stunden am Tag in ihrem Haushalt arbeiten. Für ein Geschenk und eine kleine Geldsumme wurde Gladys diesen fremden Leuten übergeben. Die Wirklichkeit sah aber völlig anders aus. Gladys Eltern haben nie erfahren, in welcher Not sie seitdem leben muss. Sie können es sich nicht leisten, in die Stadt zu fahren, um sie zu besuchen. Und Gladys neue „Besitzer" hätten ihnen sicherlich verboten, sie zu sehen.

Haussklavin im Armenviertel

Sogar Kinder dürfen "Restavecs" Befehle geben. (Quelle: Kindermuseum Frankfurt)

Gladys ist heute elf Jahre und arbeitet nun schon drei Jahre als Sklavin im Haushalt von James, seiner Schwägerin und seinen drei Kindern. James ist arm, hat keine Arbeit und lebt mit seiner Familie in einer Baracke am Rande eines Armenviertels am Stadtrand von Port-au-Prince.

James erklärt vor anderen immer, dass Gladys eine Verwandte sei, die bei ihm lebe, weil ihre Eltern nicht genügend zu essen haben. Aber das ist nicht richtig. Gladys lebt als „Restavek" bei ihm, das Wort kommt aus dem Französischen und bedeutet „Bleib da!"

Die drei Kinder der Familie gehen in die Schule, am Nachmittag spielen und lernen sie. Gladys dagegen muss schon vor Sonnenaufgang aufstehen, Wasser holen, putzen, die Wäsche waschen, einkaufen gehen und dann noch für die Familie kochen. Zum Essen bekommen die Kinder eine große Portion Reis mit Fleisch und Sauce. Gladys läuft immer das Wasser im Mund zusammen, wenn sie das Essen riecht. Für sie bleiben die Reste, eine kleine Süßkartoffel und manchmal auch eine winzige Portion Reis. Obwohl sie schwer arbeitet, hat sie kein Recht auf freie Zeit. Der "Besitzer" schlägt und misshandelt sie immer wieder. An ihren Händen und auf ihrem Rücken sind Narben, die jeder sehen kann.

Eine neue Chance durch Sozialarbeiter

In Port-au-Prince, der Hauptstadt des Inselstaates Haiti, leben viele Kinder als moderne Sklaven. (Quelle: Kindermuseum Frankfurt)

Gladys hat oft Heimweh und möchte wieder zu ihrer Familie zurück. Aber sie könnte niemals mehr den Weg nach Hause finden.

Vor kurzem hat sie ein Mann auf dem Markt angesprochen. Er sagte, er sei Sozialarbeiter und helfe Kindern, die ungerecht behandelt und geschlagen würden. Zuerst glaubte sie ihm nicht. Sie ist fremden Menschen gegenüber sehr misstrauisch, denn sie hat schon sehr viele schlechte Menschen kennen gelernt. Doch von anderen Kindern hat sie gehört, dass es wirklich stimmt. Der Sozialarbeiter erzählte, dass es in Haiti schon seit 200 Jahren Kindersklaven gibt und keiner es verboten hat!

Der Sozialarbeiter hat Gladys vorgeschlagen, dass sie in einem Heim für „Restaveks" wohnen könne. Er hat ihr die Angst vor James und seiner Familie genommen, und sie hat schließlich eingewilligt. Als der Sozialarbeiter James davon erzählt hat, dass Gladys nicht mehr für seine Familie waschen, putzen und kochen wird, wurde er sehr böse. Aber Gladys ist in dem Heim in Sicherheit vor den Wutausbrüchen von James und lernt endlich lesen und schreiben! Sie hofft, dass sie eines Tages ihre Eltern und Geschwister wieder sehen wird, doch ob ihr Wunsch in Erfüllung gehen wird, kann niemand versprechen.

Mehr zur Ausstellung "WeltSpielZeug"


(Quelle: Kindermuseum Frankfurt)

27. August 2005 bis 19. Februar 2006

im Kindermuseum des Historischen Museums

Saalgasse 19, 60311 Frankfurt am Main

Tel.: 069-21 23 51 54

E-Mail: info.kindermuseum@stadt-frankfurt.de

Webseite: www.kindermuseum.frankfurt.de

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letzte Aktualisierung: 11.03.2010

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