Der Buddhismus

Die großen Weltreligionen - Teil 5

Teil 5 von 6

von Britta Pawlak

Der Buddhismus ist die viertgrößte Weltreligion und hat nach Schätzungen weltweit ungefähr 450 Millionen Glaubensanhänger. Der Buddhismus unterscheidet sich stark von den anderen Weltreligionen, denn er glaubt weder an einen "allmächtigen Gott" noch an das ewige Leben. Nach buddhistischem Glauben kann der Einzelne nur durch Selbsterkenntnis zur Erlösung gelangen. Wie ist der Buddhismus entstanden, was sind seine Inhalte und welche verschiedenen Glaubensrichtungen gibt es?

Buddha-Figur von Borobudur - eine der größten buddhistischen Tempelanlagen Südostasiens. Die Pyramide befindet sich auf der Insel Java in Indonesien. (Quelle: Jan-Pieter Nap/ User Nappio (Wikimedia Commons))

Am weitesten verbreitet ist der Buddhismus in den asiatischen Ländern China, Japan, Kambodscha, Laos, Mongolei, Myanmar, Sri Lanka, Südkorea, Taiwan, Thailand, Tibet und Vietnam. Seinen Ursprung hat der buddhistische Glaube in Indien - dort liegt der Anteil an Buddhisten an der Gesamtbevölkerung mittlerweile nur noch unter ein Prozent. Seit dem 20. Jahrhundert ist auch in den westlichen Staaten - also in Europa und den USA - das Interesse an den buddhistischen Lehren stark gewachsen. Der Buddhismus ist keine einheitliche Religion, sondern es existieren viele verschiedene Schulen nebeneinander, die von Land zu Land variieren.

Der buddhistische Glaube unterscheidet sich von Grund auf von den "monotheistischen Religionen" wie dem Judentum, dem Christentum und dem Islam - so nennt man die Glaubensrichtungen, die nur einen einzigen Gott anerkennen. Aber auch von der hinduistischen Religion, in der verschiedene Götter angebetet werden, weicht der Buddhismus stark ab - trotzdem es gewisse Gemeinsamkeiten gibt. Die Buddhisten glauben weder an einen "allmächtigen Gott" noch an das "ewige Leben".

Buddha wird also nicht als Gott und auch nicht als Überbringer der Lehre eines Gottes angesehen. Wichtig ist für die Buddhisten die selbst erlangte Erkenntnis - das Verständnis des eigenen Geistes, der Dinge und der Natur. Siddharta Gautama war als Gründer des buddhistischen Glaubens der "historische" Buddha, er hat also wirklich gelebt. Über die Jahrtausende hinweg hat sich aber das Wissen über sein Leben mit Erzählungen und Legenden vermischt, die die heutigen Vorstellungen von einem "mythischen" (das bedeutet "sagenhaften") Buddha prägen.

Siddharta Gautama: Begründer des Buddhismus

Statue von Siddhartha Gautama, dem Begründer des Buddhismus, am Niederrhein (Quelle: Pauenhof/ Sakya-Heritage-Foundation (Wikimedia Commons))

Siddhartha Gautama, der im 5. Jahrhundert vor Christus in Nordindien lebte, war somit der erste "Buddha" - auf Sanskrit, also Alt-Indisch, bedeutet das Wort "der Erwachte". Der reiche Fürstensohn, der in der Stadt Lumbini zur Welt kam, soll mit 29 Jahren seinem Leben in Luxus entsagt haben, um sich auf die Suche nach Erkenntnis zu machen. Da ihm bewusst geworden war, dass Besitz und Reichtümer nicht in der Lage sind, zu wahrem Glück zu verhelfen, entschied er sich für ein Leben in Enthaltsamkeit und Askese (vom griechischen Wort "askeo", das "üben" oder "sich befleißigen" bedeutet).

Den buddhistischen Religionsstifter beschäftigte die Frage nach dem Leiden der Menschheit. Jede Art von Gewalt und Gier nach Macht oder Besitz soll er abgelehnt haben - darin sah er die Ursachen für das Leid. Gemäß dem buddhistischen Glauben erlangte er im Alter von 35 Jahren in der kleinen nordindischen Stadt Bodhgaya unter einer Pappel-Feige "Bodhi" - das bedeutet "Erleuchtung" oder "Erwachen". Kurz darauf hielt er im heutigen indischen Ort Sarnath seine erste Lehrrede. Bis zu seinem Tod im Alter von 80 Jahren reiste er als Buddha herum und verbreitete die "Dharma" - die buddhistische Lehre. Mit seinem zunächst vermuteten Tod im Jahr 544 vor Christus beginnt die Buddhistische Zeitrechnung - heute geht man von anderen Daten aus und schätzt, dass der historische Buddha zwischen 563 und 483 vor Christus gelebt hat.

Siddharta Gautama verkündete zu Lebzeiten die "Vier Edlen Wahrheiten": erstens, dass das Leben in seinem Kreislauf des Daseins voller Leid ist, zweitens, dass die Ursachen dieses Leides die "drei Geistesgifte" Gier, Hass und Verblendung sind, drittens, dass das Leiden erlöscht, wenn die Ursachen erlöscht werden und viertens, dass zum Erlöschen des Leidens der so genannte "Edle Achtfache Pfad" führt.

Der Weg zur Erkenntnis

"Bhikkhu": Buddhistische Mönche (Quelle: Wikimedia Commons)

Auch heute noch gilt dieser Pfad als gemeinsame Lehre der verschiedenen buddhistischen Schulen. Der Edle Achtfache Pfad besteht erstens aus der rechten Sicht und Erkenntnis, zweitens aus dem rechten Denken und Entschluss, drittens aus der rechten Sprache, viertens aus dem rechten Handeln, fünftens aus der rechten Lebensweise, sechstens aus dem rechten Streben, siebtens aus der rechten Achtsamkeit und dem rechten "sich Erinnern" sowie achtens aus der rechten Sammlung und Versenkung.

Durch ein "In-Sich-Versenken" und Meditation wollen die Buddhisten der Erkenntnis Schritt für Schritt näherkommen. Das Wort Meditation kommt vom lateinischen Verb "meditari", das "nachdenken" und "nachsinnen" bedeutet. Es handelt sich um eine "spirituelle" - also geistig-religiöse - Praxis: Durch verschiedene Konzentrationsübungen entspannt man seinen Körper, sammelt seinen Geist und weitet sein Bewusstsein. Ziel ist es, einen Zustand der innere Stille oder Leere, des "Eins-Seins" mit sich oder des Freimachens von Gedanken zu erreichen.

Auf dem Weg zur Erkenntnis steht für Buddhisten Eigenverantwortung und Selbstständigkeit im Zentrum. Ein von höheren Autoritäten unkritisch übernommener Glaube und Obrigkeitsdenken lehnen sie hingegen ab. Darin unterscheidet sich der Buddhismus von vielen anderen Religionen. Auch eine kritische Haltung des Menschen gegenüber dem geschriebenen Wort und bestehenden Lehren wird im buddhistischen Glauben vermittelt.

Siddharta Gautama begründete auch die "Vierfache Gemeinschaft" - das sind die vier Gruppen, die die Lehren Buddhas befolgen: im Mönchtum ("Sangha") die männlichen Mönche ("Bhikkhu") und weiblichen Nonnen ("Bhikkhuni") sowie die männlichen ("Upasaka") und weiblichen "Laien" ("Upasika") - Laien nennt man die Glaubensanhänger, die keinen Beruf als Geistliche ausüben.

Nirwana: Erlösung aus dem endlosen Kreislauf

Buddha-Statue in der Seokguram-Grotte des buddhistischen Bulguksa-Tempels, der sich in der Nähe der koreanischen Stadt Gyeongju befindet. (Quelle: Richardfabi/ Wikipedia)

Jedes Leben befindet sich nach dem buddhistischen Glauben in einem endlosen Kreislauf ("Samsara") von Geburt und Wiedergeburt: Nach dem Tod beginnt ein neues Leben als Mensch oder - bei einer schlechten Lebensführung - als Tier oder im Reich der Geister und Dämonen. Den Glauben an die "Reinkarnation", also die Wiedergeburt von Lebewesen, teilt der Buddhismus mit dem Hinduismus. Gemeinsam ist den beiden Religionen auch die Lehre vom "Karma" - das bedeutet "Wirken" oder "Tat". Gemeint ist damit, dass jede Geisteshaltung und jede Handlung zwangsläufig eine Folge hat. Diese kann sich aber auch erst in einem nächsten Leben offenbaren.

Das Ziel der gläubigen Buddhisten ist der Austritt aus diesem endlosen Kreislauf und damit der Eintritt ins "Nirwana". Das Nirwana gilt im Buddhismus als höchstes Glück - es ist ein Zustand völliger Ruhe des Geistes durch das Loslösen von allen Gefühlen, Wünschen und Denkvorstellungen. Laut buddhistischem Glauben kann dieser Zustand mitunter bereits im Leben erlangt werden - man nennt dies "Arhat", was der oder die "Würdige" heißt und bedeutet, dass jemand die "höchste Stufe" erreicht hat nicht noch einmal wiedergeboren wird.

Doch das Nirwana ist für die Buddhisten ein hohes Ziel, das erst nach einem mühsamen und konsequenten Weg erreicht werden kann. Um Unvollkommenheit und Leid zu überwinden und Einsicht zu gewinnen, ist es Voraussetzung, regelmäßig zu meditieren, Mitgefühl und Weisheit zu erlangen und sein Leben nach ethischen Maßstäben auszurichten. Die so genannten "Fünf Silas" sehen nach dem Buddhismus vor, dass man sich darin übt, kein Lebewesen zu töten oder zu verletzen (viele Buddhisten lehnen auch den Fleischverzehr ab), nichts zu nehmen, was einem nicht gegeben wurde, sich nicht der Genusssucht und Sinnlichkeit hinzugeben, nicht zu lügen oder schlecht zu reden sowie keine Stoffe und Rauschmittel zu sich zu nehmen, die den Geist verwirren und das Bewusstsein trüben.

Die Verbreitung des Buddhismus

Wat Mahathat, eine mächtige buddhistische Tempelanlage in Sukhothai in Nordthailand (Quelle: Wilfried Steinacker/ pixelio.de)

Viele sehen im Buddhismus mehr eine Denktradition oder eine Art "Philosophie" als eine Religion. Denn die ursprünglichen Lehren Buddhas sind nur zum Teil überliefert und schwer zurückzuverfolgen, so dass sich im Laufe der Zeit sehr unterschiedliche Strömungen des Buddhismus herausgebildet haben. Im Gegensatz zu anderen Religionen, in denen viele blutige Kriege geführt und "Ungläubige" unter Zwang bekehrt wurden, haben die Buddhisten den Grundsatz, anderen ihren Glauben nicht gewaltsam aufzuzwingen. Die Einführung des Buddhismus erfolgte weitgehend freiwillig durch das Interesse der Herrscher oder des Volks. Allerdings ging die Durchsetzung der Religion in den einzelnen Ländern nicht in jedem Fall ohne Gewalt vonstatten.

Nach dem Tod Siddharta Gautamas verbreiteten sich seine Lehren in weiten Teilen Asiens: Im 3. Jahrhundert vor Christus, zur Zeit der Herrschaft des Königs Ashoka, wurden die buddhistischen Lehren in ganz Indien bekannt. Ashoka, der König der altindischen Dynastie der "Maurya", schickte Gesandte in viele Reiche, so dass der Glaube zahlreiche weitere Gebiete erreichte. Im Westen gelangten die Gesandten Ashokas bis in den Nahen Osten, nach Ägypten, zu den griechischen Inseln und nach Makedonien. Über Sri Lanka kamen die Lehren Buddhas schließlich nach Indonesien und nach Südostasien in die Länder Kambodscha, Laos, Myanmar und Thailand. Im Norden erreichte der Buddhismus im 1. Jahrhundert nach Christus Tibet und China und verbreitete sich von dort aus in Japan und Korea. In vielen Teilen Asiens entstanden neue buddhistische Klöster.

Viele unterschiedliche Lehren

Buddha-Statue im Kotoku-in-Tempel in der japanischen Stadt Kamakura. In Japan ist der Mahayana-Buddhismus vorherrschend. (Quelle: Ckoehler/ Wikimedia Commons)

Die buddhistischen Lehren haben sich der Lebenssituation, Herrschaftsform und Tradition in den verschiedenen Regionen angepasst und somit sind viele unterschiedliche Ausprägungen entstanden. So sind die meisten Menschen im südostasiatischen Festland Anhänger des "Theravada"-Buddhismus, der sich stark an den ursprünglichen Schriften Siddharta Gautamas orientiert. Auch die Stellung der Frau ist in den einzelnen Strömungen verschieden: Vor allem nach dem traditionellen Theravada entspricht das Weibliche der Welt des Leidens und der Begierden, die es zu überwinden gilt. In anderen Schulen wird das weibliche Prinzip hingegen als "vollendete Weisheit" gesehen. Dennoch teilen nicht wenige buddhistische Strömungen die Auffassung, dass das Leben als Frau ein "schlechteres Karma" darstelle und nur Männer "Bodhi", also Erleuchtung, erfahren könnten.

Der Theravada-Buddhismus ist die einzige heute noch verbreitete Strömung des "Hinayana" - das ist eine der beiden Hauptrichtungen des Buddhismus, die andere ist der "Mahayana". Während es im Hinayana darum geht, dass ein Einzelner nach dem Ende des Leidens und dem "Erwachen" strebt, werden im Mahayana-Buddhismus auch andere Lebewesen von bereits "Erwachten" zur Vollkommenheit geführt. Der Hinayana beziehungsweise Theravada-Buddhismus ist vor allem in Myanmar, Sri Lanka, Thailand, Kambodscha und Laos verbreitet, der Mahayana-Buddhismus hingegen in Bhutan, Japan, Korea, Tibet, Taiwan, Vietnam, der Volksrepublik China und zum Teil auch in der Mongolei und im asiatischen Teil Russlands.

Bekannte Schulen des Mahayana sind der "Nichiren-Buddhismus", der "Amitabha-Buddhismus" und der "Zen-Buddhismus". Der Zen-Buddhismus (kurz "Zen") entstand ab dem 5. Jahrhundert nach Christus in China - hier steht die Versenkung durch Meditation im Vordergrund, weshalb man auch von "Meditations-Buddhismus" spricht. Eine grundlegende Praxis ist das lange Sitzen mit ineinander geschlagenen Beinen - das so genannte "Zazen", bei dem ein Zustand der inneren Ruhe und Leere des Geistes im Einklang mit dem Körper erreicht werden soll.

Der "Vajrayana" ist eine in Indien entstandene Strömung des Mahayana, die vor allem die buddhistische Glaubensrichtung in Tibet und in der Mongolei beeinflusste. Zum Teil verbreiteten sich ihre Lehren auch in China und Japan. Er wird auch "Lamaismus" genannt, da dem "Lama" - das ist ein geistiger Lehrer - eine wichtige Rolle in dieser buddhistischen Strömung zukommt. Der berühmte "Dalai Lama" ist das Oberhaupt der tibetischen Buddhisten. Nachdem die kommunistischen Truppen Chinas Tibet schon einige Jahre besetzt hielten, musste der Dalai Lama seine Heimat im Jahr 1959 verlassen und "ins Exil" nach Indien gehen. Nun schon seit langer Zeit setzt er sich für die Selbstbestimmung Tibets ein.

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letzte Aktualisierung: 21.08.2017

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