von Britta Pawlak - 27.02.2007
Vor zehn Jahren berichteten Forscher aus Schottland erstmals über ein zu dieser Zeit neues Phänomen: "Dolly", das erste geklonte Säugetier, erblickte 1996 das Licht der Welt. Für viele stellt es den Beginn des Klonzeitalters dar. Gleichzeitig löste Klonschaf Dolly weltweit moralische Debatten aus. Noch immer ist die Menschheit gespalten: Sind das Züchten von Embryonen und das medizinische Klonen ethisch vertretbar? Für die einen ist die Möglichkeit des Klonens eine einzigartige Bereicherung für die Wissenschaft, für die anderen ist damit ein Albtraum ein Stück Wirklichkeit geworden.
Zehn Jahre ist es nun her, dass das mittlerweile wohl berühmteste Schaf in der Geschichte für Schlagzeilen sorgte: Klonschaf Dolly. Das Tier wurde 1996 geboren und war eine nahezu hundertprozentige Kopie seiner Mutter. Der Begriff "Klon" stammt aus dem Griechischen und bedeutet etwa "Zweig". Beim Klonen werden gleichartige Nachkommen mit identischen Erbanlagen erschaffen. Die Technik des Klonens war allerdings auch vor zehn Jahren nicht völlig neu: Schon 30 Jahre früher gelang es dem Biologen Sir John Gurdon aus Cambridge, mithilfe von Zellen der Darmwand von Fröschen Kaulquappen zu klonen.
Dolly war allerdings das erste Säugetier, das durch ein Klonverfahren entstanden ist. Als Schöpfer Dollys gilt der britische Genforscher Ian Wilmut. Im Februar 1997 wurden seine Forschungen erstmalig in der Zeitung "Nature" veröffentlicht. Das geklonte Schaf löste unzählige Debatten über die moralischen Aspekte eines derartigen Schöpfens von Lebewesen aus. Einen Frosch sah man noch relativ weit entfernt von menschlichem Leben - anders allerdings war es bei einem Schaf. Immer mehr Menschen beschäftigte die Frage: Könnten zukünftig auch Menschen "kopiert" werden? Was für Folgen hätte dies für die Menschheit?
Welche Folgen hat ein solcher Eingriff überhaupt auf Lebewesen, von denen die Wissenschaftler vielleicht noch gar nichts wissen? Die Möglichkeit des Klonens wurde von den einen als einzigartige Bereicherung in der Forschung und Medizin angesehen, die anderen waren darüber besorgt und empört. Für manch einen war damit ein Albtraum ein Stück Wirklichkeit geworden. Die Vorstellung, dass man irgendwann auch menschliches Leben nach eigenen Vorstellungen im Labor züchtete und andere Menschen reproduzieren (also ihr Ebenbild erschaffen) würde, war jedenfalls greifbar geworden.
"Schöne neue Welt" - Fortschritt oder Horrorszenario?
Ein Horrorszenario, wie es zum Beispiel im Zukunftsroman "Schöne neue Welt" (englisch: "Brave new world") von Aldous Huxley beschrieben wird, schien auf einmal wahr werden zu können. Dort beschreibt Huxley eine in Klassen aufgeteilte Gesellschaft, die Menschen nach ihren Vorstellungen im Labor erschaffen lässt. Die Embryonen werden manipuliert und so gezüchtet, dass sie der Gesellschaft von Nutzen sind. Die Arbeiter der niederen Klassen sollen zwar körperlich leistungsfähig, aber weniger intelligent sein. Sie werden gezüchtet, indem eine befruchtete Eizelle so oft zur Teilung angeregt wird, bis unzählige Embryonen aus ihr entstehen.
Es entwickeln sich Klone, identische Menschen, die allerdings im Vergleich zu anderen Embryonen unterentwickelt sind. Sie sollen später die "niedere Arbeit" verrichten. Man verleiht ihnen die Eigenschaft, anpassungsfähig, willig und anspruchslos zu sein. Ihre Unfähigkeit zum selbstständigen Denken und zur Eigenverantwortung soll verhindern, dass sie sich gegen das Gesellschaftssystem auflehnen. Die Menschen der oberen Schicht stellen die "geistige Elite" dar, sie führen die Menschheit an. So wird eine Gesellschaft erschaffen, in der jeder seinen Platz hat und alle zufrieden sind - scheinbar.
Denn Menschlichkeit, Individualität, Freiheit und Emotionen haben in dieser Gesellschaft keinen Platz. Jeder muss sich der künstlichen Gesellschaft anpassen und sich mit seiner vorbestimmten Rolle zufrieden geben. Huxley, der den Roman 1932 verfasste, bezog sich in seinen Darstellungen der Embryonenzüchtung zwar nicht auf die heutigen Methoden des Klonens, die der Wissenschaft damals noch unbekannt waren. Durch die Möglichkeiten, die die Gentechnik heute eröffnet, erscheinen die Beschreibungen eines albtraumhaften Fantasieromans von damals allerdings auf einmal nicht mehr unrealistisch.
Ein Klonschaf mit drei Müttern
Nachdem "Dolly" 2002 bereits an einer Gelenkerzündung erkrankte, starb sie ein Jahr später an den Folgen einer Lungenentzündung. Dolly bleibt der Nachwelt erhalten, heute steht sie ausgestopft im Royal Museum in Edinburgh/ Schottland. Ihr früher Tod löste eine Diskussion unter Forschern aus. Denn beim Klonen könnte es zu Fehlern kommen - und die Folgen dabei sind bisher nicht abzusehen. Man vermutete, dass geklonte Lebewesen weniger widerstandsfähig und anfälliger für Krankheiten sind - und schneller altern.
Was den Forschern mit "Dolly" erstmals gelang, wird in der Wissenschaft als "reproduktives Klonen" bezeichnet. Lebewesen werden kopiert und stimmen annähernd zu 100 Prozent mit dem Original überein. Die Wissenschaftler entfernen den Zellkern aus einer unbefruchteten Eizelle und erhalten somit eine leere Hülle. In diese pflanzen sie Körperzellen eines anderen Tieres ein. Es entsteht eine Zellkugel, die Blastozyste, die in die Gebärmutter eines weiteren weiblichen Tieres übertragen wird. Die "Mutter" wird nun das geklonte Tier austragen.
"Dolly" löste eine Welle von weiteren Klonversuchen aus. Wissenschaftler erzeugten auch geklonte Schweine, Kühe oder Hunde. "Reproduktives Klonen" stößt weltweit auf Ablehnung. In vielen Ländern gibt es bereits ein entsprechendes gesetzliches Verbot - oder ein solches Verbot befindet sich in Vorbereitung. In Deutschland ist diese Art von Klonen ebenso verboten wie das Klonen von einzelnen Körperzellen.
Erfahre im zweiten Teil des Artikels, welche Möglichkeiten sich durch das medizinische Klonen eröffnen, um Krankheiten zu heilen und Menschen zu helfen. Welche ethischen Bedenken bestehen dabei? Ist ein Embryo im Frühstadium bereits ein Mensch, oder "nur ein Zellhaufen"? Klicke auf den Weiter-Pfeil rechts unten, um weiterzulesen.
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