von Tanja Lindauer
Kaum will man im Sommer Eis oder Kuchen im Freien genießen, hört man sie schon heran summen. Auch süße Getränke und selbst Brot oder warme Speisen sind bei den schwarz-gelb-gestreiften Insekten beliebt. Wespen können einem das Leben im Spätsommer ganz schön schwer machen. Viele Menschen schlagen aus Angst, gestochen zu werden, wild um sich, sobald eine Wespe auftaucht. Doch haben Wespen ihren schlechten Ruf eigentlich verdient? Was kann man tun, wenn man von ihnen belästigt wird? Erfahre mehr über die unbeliebten, aber eigentlich nützlichen Insekten.
Man wird das Gefühl nicht los, dass Wespen ebenso gerne Süßes mögen wie viele von uns. Ganz stimmt das allerdings nicht. Genau genommen sind es nur zwei Wespenarten, die von süßen Speisen regelrecht angezogen werden: die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe. Insgesamt gibt es auf der Welt jedoch mehr als 500 Wespenarten. Nur diese zwei Arten sind dafür verantwortlich, dass Wespen als Schleckermäuler und Plagegeister gelten, die uns die schöne Sommerzeit vermiesen. Da viele Menschen Angst vor Wespen haben und nicht auf ihre Süßigkeiten im Freien verzichten möchten, stellen sie in ihren Gärten Fallen auf oder sie räuchern ihre Nester aus.
Dabei sind Wespen nicht nur schützenswert, sondern auch nützliche Helfer. Sie bekämpfen auf natürliche Weise unliebsame Schädlinge im Garten und bestäuben sogar einige Blütenpflanzen. Der schlechte Ruf von Wespen ist zum einen darauf zurückzuführen, dass sie uns beim Essen und Trinken im Freien stören. Zum anderen liegt es aber auch daran, dass sie, anders als Bienen, keine Vegetarier sind. Insbesondere der Nachwuchs der Wespen benötigt eine eiweißreiche Nahrung und die Larven werden daher mit zerkauten Insekten gefüttert. Weiterhin können Wespen mehrfach stechen und setzen ihren Stachel schneller ein als Bienen, die nur in größter Gefahr stechen und danach sterben.
Warum sind die beiden bekanntesten Wespenarten so wild auf Süßes? Die Erwachsenen unter den Wespen benötigen Zucker als Energielieferanten. Wenn im Herbst der Nachwuchs groß genug ist, müssen die jungen Königinnen viel Zucker zu sich nehmen, um den Winter zu überstehen. Daher müssen die Wespen für ihre Königin genügend Nahrung sammeln. Die Wespenköniginnen sind die Einzigen ihrer Art, die den Winter bis zum nächsten Frühling überleben werden. Sie sind damit für den Fortbestand der Wespen verantwortlich - sterben sie, gibt es keine Nachkommen. Doch auch ihre Zeit ist begrenzt, denn im neuen Jahr wird eine junge Königin ihre Aufgabe übernehmen und die alte Wespenkönigin stirbt ebenso wie die Arbeiterinnen, wenn der Herbst kommt. Um die Königinnen zu versorgen, müssen die Arbeiterinnen einiges leisten. Daher müssen sie auch für sich selbst energiereiche Nahrung wie Zucker finden, um ihre Flugmuskulatur aktiv zu halten, bis der Herbst einbricht.
Wie sieht eine Wespe aus?
Zur Ordnung der Hautflügler zählen neben Wespen auch Bienen und Ameisen. Den Namen haben die Insekten wegen der vier häutigen Flügel erhalten. Die Wespe hat kräftige schwarz-gelbe Streifen - anders als Bienen, deren Färbung eher schwarz-braun ist. Außerdem hat die Biene einen plumperen Körperbau und nicht die auffällig schmale Taille der Wespen. Auch sind Bienen in der Regel deutlich stärker behaart als Wespen und haben oft einen richtigen Pelz.
Alle Wespen besitzen einen in drei Abschnitte aufgeteilten Körper, der auch für die typische Wespentaille sorgt. Die Augen sind so genannte Facettenaugen, sie setzen sich also aus vielen kleinen Teilen zusammen. Zunächst teilt man die verschiedenen Wespenarten drei Gruppen zu: den Pflanzenwespen, den Schlupfwespen und den Stechimmen. Die erste Gruppe hat keinen Stachel und auch keine ausgeprägte Wespentaille, Schlupfwespen sind meistens recht schlank und die Stechimmen haben ihren Namen dank des Stachels. Zu ihnen gehören die Echte Wespe und die Gemeine Wespe, aber auch die Biene.
Nicht alle Wespen sehen also gleich aus. Wie unterscheidet man nun eine Gemeine Wespe von einer Deutschen Wespe? Beide Arten gehören zu den Kurzkopfwespen, die sich durch einen kurzen Kopf mit einem geringen Abstand zwischen dem Oberkiefer und dem unteren Augenrand auszeichnen. Unterschiedlich sind allerdings ihre Kopfzeichnungen. Die Deutsche Wespe hat am Kopf ein bis drei schwarze Punkte. Die Gemeine Wespe hingegen hat einen breiten, schwarzen Strich, der nach unten dicker wird. Die Königin der Gemeinen Wespe kann sogar bis zu 20 Millimeter groß werden, die Arbeiterinnen erreichen höchstens 14 Millimeter. Auch die Hornisse kann man gut erkennen, sie gehört ebenfalls zur Familie der Wespen. Sie ist viel größer als die anderen Wespenarten und weist am Kopf und am Hinterteil eine rötliche Färbung auf. Die schwarz-gelben Streifen der Wespen sollen ein Warnsignal für andere Tiere sein: "Vorsicht, wenn du mich angreifst, dann steche ich zu."
Leben im streng organisierten Staat
Wespen leben in einem Staat bestehend aus vielen Insektenvölkern zusammen, die nur aktiv sind, wenn es draußen auch schön warm ist. Wenn die Königin im Frühling - meist im Mai - aus ihrer Winterstarre erwacht, beginnt sie sofort emsig mit dem Nestbau. Anfangs ist sie noch ganz alleine und muss hart schuften: Sie muss den Bau fertigstellen und einrichten und dann ihren Nachwuchs großziehen. In jede Zelle des neu gebauten Nestes legt sie ein Ei, aus dem sich Larven entwickeln. Befruchtet werden die Eier durch die Königin selbst, die in einer Samentasche noch Sperma-Vorräte vom letzten Herbst gespeichert hat, die von der Paarung mit einer männlichen Wespe stammen. Sie füttert ihre Larven mit einem Brei aus zerkauten Insekten und ernährt sich wiederum von der zuckerhaltigen Flüssigkeit, die die Larven absondern.
Um die Arbeiterinnen heranzuzüchten, die den Wespenstaat mit organisieren, sondert die Königin "Pheromone" - das sind spezielle Botenstoffe - ab, die bewirken, dass sich aus den Larven unfruchtbare Weibchen entwickeln. Später sind dann die Aufgaben im Wespenstaat genau verteilt: Die einen Wespen sind für die Bauarbeiten des Nests verantwortlich, andere müssen es bewachen oder Nahrung für die Larven beschaffen. Die Königin verlässt das Nest nun nicht mehr und übernimmt nur noch das Eierlegen. Erst im Spätsommer werden die männlichen Wespen - man nennt sie wie bei Hummeln und Bienen die "Drohnen" - herangezogen. Sie haben nur ein kurzes Leben und ihre Aufgabe besteht darin, sich mit der Königin zu paaren.
Wenn man sich ein Wespennest einmal genauer betrachtet, ist man ganz schön erstaunt, wie durchdacht und stabil es gebaut ist. Es gleicht einem riesigen Haus mit vielen Wohnungen, die bei Wespen aus zerkautem Holz und Pflanzenteilen bestehen und mithilfe ihres besonderen Speichels fest zusammenhalten. Im Laufe des Sommers wird das Nest immer größer und tausende von Bewohnern leben hier. Im Herbst wird es dann wieder ziemlich ruhig im und um das Nest, denn nun sterben alle Wespen bis auf die neue Königin, die die Aufgabe der alten Königin im nächsten Jahr übernehmen wird. Der verlassene Bau wird aber nicht wieder bezogen, sondern die Königinnen bauen jedes Jahr ein neues Nest.
Wespenplage - was tun?
Wenn Wespen versuchen, etwas von unseren Speisen oder Getränken zu ergattern, werden sie von vielen Menschen mit fuchtelnden Bewegungen und gelegentlichem Kreischen verscheucht. Einige versuchen nicht nur, die Wespen zu verjagen, sondern wollen sie sogar tot schlagen. Die Wespen fühlen sich dann aber gerade angegriffen und werden in vielen Fällen aggressiv. In den meisten Fällen wollen sie eigentlich nur etwas von unseren Leckereien erhaschen und interessieren sich überhaupt nicht für uns Menschen. Die hektischen Bewegungen empfinden sie jedoch als Bedrohung und man läuft Gefahr, gestochen zu werden.
Die Wespen anzupusten, ist auch nicht ratsam. Wenn wir ausatmen, setzen wir nämlich Kohlendioxid frei, was die Wespen als eine Art Alarmsignal empfinden. Es ist also besser, Ruhe zu bewahren. Natürlich können uns Wespen in der warmen Jahreszeit ganz schön nerven. Und tatsächlich werden sie hartnäckiger und auch aggressiver, je weiter der Sommer voranschreitet. Um nicht allzu sehr von ihnen belästigt zu werden, kann man aber ein paar einfache Regeln einhalten. Beim Picknick ist es zum Beispiel empfehlenswert, das Essen und die Getränke abzudecken, so werden die Insekten oft gar nicht erst angelockt. Besonderes für Kinder empfiehlt es sich, Getränke im Freien aus geschlossenen Trinkflaschen zu genießen.
Eine gute Möglichkeit ist es, die Wespen abzulenken, indem man ihnen etwas anderes anbietet. Bei "Jugend forscht" haben zwei Schülerinnen herausgefunden, dass Wespen besonders überreife Weintrauben lieben. Diese legt man einfach fünf bis zehn Meter vom Picknickort entfernt ab und hat dann in vielen Fällen seine Ruhe. Außerdem können spezielle Gerüche in Form von Räucherstäbchen, Duftlampen oder -kerzen helfen, die beispielsweise Zitrone, Nelken oder Salmiak enthalten. Diese Düfte mögen Wespen nämlich überhaupt nicht. Ebenso gibt es Sprays auf natürlicher Basis, die auf dem Tisch oder der Decke versprüht werden können und Wespen abhalten. Sehr hartnäckige Wespen können für die Zeit des Essens auch einfach mal mit einem Glas eingefangen und später wieder freigelassen werden.
Wenn man im Garten ein Nest entdeckt, sollte man besser die Einflugschneise freihalten und hektische Bewegung in der Nähe vermeiden. Sonst besteht die Gefahr, dass die Wespen angreifen, weil sie ihr Nest verteidigen möchten. Ist das Nest im Garten an einer ungünstigen Stelle, in der Nähe oder sogar an oder in unserem Haus, dann muss in den meisten Fällen gehandelt werden. Auf keinen Fall allerdings darf man das Nest auf eigene Faust entfernen. Bei frei hängenden Nestern handelt es sich um Bauten harmloser Wespenarten, die weder an unseren Speisen interessiert sind noch durch ein aggressives Verhalten auffallen. Die Mittlere Wespe steht sogar bereits auf der Roten Liste der bedrohten Arten, weil sie immer wieder grundlos vertrieben wird und man ihre Nester vernichtet. Ist ein Wespennest störend, kann man sich an die Feuerwehr oder das Umweltamt wenden, die beim Umsiedeln helfen.
Wie gefährlich sind Wespenstiche?
Auch wenn man die genannten Regeln befolgt, kann es manchmal passieren, dass eine Wespe sich angegriffen fühlt und sticht. Zu einem Wespenstich kommt es beispielsweise oft dann, wenn die Tiere von uns unbemerkt unter unsere Kleidung kriechen, wir uns auf sie setzen oder wir eine plötzliche Bewegung machen, weil wir sie nicht gesehen haben. Ein Wespenstich ist natürlich nicht angenehm, aber für die meisten Menschen völlig ungefährlich und viel weniger schmerzhaft als der Stich einer Biene. Um den Stich herum schwillt die Haut etwas an und es juckt und schmerzt ein wenig, mehr passiert aber meistens nicht. Es gibt bestimmte Salben, die den Juckreiz und die Schwellung lindern können.
Anders sieht es bei Menschen aus, die allergisch gegen Wespenstiche sind. In einem solchen Fall muss man schnell einen Arzt aufsuchen oder direkt in die Klinik fahren, denn die Hautstelle schwillt nicht nur extrem an, sondern das Gift löst im Körper auch eine allergische Reaktion aus, die lebensbedrohlich sein kann. Die meisten Allergiker haben immer ein Notfallset bei sich, um sofort handeln zu können. Nicht nur für sie wird es jedoch gefährlich, wenn die Wespe in den Mund- oder Rachenraum sticht. Übersieht man eine Wespe in der Limo und nimmt einen kräftigen Schluck, kann es passieren, dass das Tier im Mund zusticht. Durch die Schwellung kann es in kurzer Zeit zu Atemnot kommen. Deshalb ist es auch nicht ratsam, im Sommer draußen aus einer Dose oder dunklen Flasche zu trinken, denn dort kann sich schon mal eine Wespe unbemerkt hinein verirren. Dann sollte man also lieber aus einem Glas trinken oder aber einen Strohhalm verwenden. Am besten sind geschlossene Trinkgläser und -flaschen, in welche die Wespen gar nicht erst hineingelangen.
Fest steht: Wespen sind längst nicht so aggressiv, wie viele Menschen glauben. Es geht ihnen nicht darum, Ärger zu suchen oder uns anzugreifen, sondern sie wollen für ihre Nachkommen sorgen und ums eigene Überleben kämpfen. Wenn man Ruhe bewahrt und die wichtigsten Regeln einhält, kann man größtenteils recht friedlich mit Wespen den Sommer verbringen.
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letzte Aktualisierung: 16.09.2020
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