von Birgit Kinateder und Britta Pawlak
Für Eltern ist sie meist die schlimmste, für Jugendliche die schwierigste, aber oft auch spannendste Zeit ihres Lebens: die Pubertät. Während der Pubertät müssen sich Mädchen und Jungen mit großen Veränderungen ihres Körpers auseinandersetzen, Stimmungsschwankungen durchlaufen und sich in ihre neuen Rollen als junge Frau oder junger Mann einfinden. Was genau passiert im Körper und was verursacht die psychischen und körperlichen Veränderungen? Wie übersteht man die Zeit am besten? In unserer dreiteiligen Reihe erfährst du alles Wichtige zum Thema.
Das Wort "Pubertät" kommt aus dem Lateinischen und heißt übersetzt etwa "Geschlechtsreife". Das bedeutet, dass sich dein Körper vom Mädchen- auf das Frausein beziehungsweise vom Jungen- auf das Mannsein umstellt. Bei Mädchen bedeutet "geschlechtsreif", dass sie körperlich in der Lage sind, Kinder zu bekommen. Geschlechtsreife Jungen sind in der Lage, Kinder zu zeugen. Die Pubertät - man spricht auch von den "Entwicklungsjahren" - ist ein natürlicher Vorgang, der sich automatisch in deinem Körper abspielt und auf den du kaum Einfluss nehmen kannst.
So verschieden die Pubertät bei Mädchen und Jungen auch abläuft, es gibt doch einige Gemeinsamkeiten: In dieser Zeit leidest du verstärkt unter Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und mieser Laune, du fühlst dich oft auch unsicher und unwohl im eigenen Körper. Bei manchen Jugendlichen verläuft die Pubertät weniger schwierig, bei anderen kann das so weit gehen, dass es zu Essstörungen, Depressionen und anderen psychischen Problemen kommt. In dieser Zeit, in der du bemerkt, dass dein Körper und dein seelisches Erleben sich extrem verändern, plagen dich oft Selbstzweifel und du hast viel häufiger Zoff mit deinen Eltern und Geschwistern. Für viele werden die gleichaltrigen Freunde zu den engsten Vertrauten, während man sich von der Familie stärker distanziert. Trotz der Probleme ist die Pubertät eine aufregende Zeit, die auch jeder Erwachsene einmal durchlebt hat und die einige Überraschungen bereit hält. Meist fällt die Pubertät auch in jene Lebensphase, in der wir das erste Mal richtig verliebt sind und unsere ersten "Liebeserfahrungen" mit dem anderen Geschlecht machen.
Der Zeitpunkt, wann die Pubertät beginnt, ist sehr verschieden. Sie setzt mit ungefähr neun bis zwölf Jahren ein und endet mit etwa 18 Jahren. Bei Mädchen beginnt die Pubertät meist ein bis zwei Jahre früher als bei Jungen. Wann die Pubertät einsetzt, hängt von verschiedenen Dingen ab, zum großen Teil aber von deinen Genen. Gene sind das Erbmaterial, das deine Eltern an dich weitergegeben haben und das auch für dein einzigartiges Aussehen verantwortlich ist. Ebenso deine Ernährungs- und Lebensweise können das Einsetzen der Pubertät beeinflussen: Extremsport oder starkes Untergewicht können sie verzögern, bei übergewichtigen oder seelisch verletzlichen Mädchen und Jungen kann sie auch früher einsetzen. Außerdem folgt die Pubertät keinem festen "Ablaufplan". Das heißt, ein Junge, der bereits im Stimmbruch ist, kann gleichzeitig noch kein einziges Barthaar haben und ein Mädchen, dessen Brüste bereits deutlich gewachsen sind, muss noch lange nicht ihre Monatsblutung haben. Bei einigen setzt die Pubertät insgesamt erst sehr spät ein und auch das ist normal. Wenn du mit 15 Jahren noch keine körperliche Veränderung merkst, solltest du dich an deine Eltern, ein älteres Geschwister oder einen Arzt wenden.
Wo "entsteht" die Pubertät?
Der "Auslöser" für die Pubertät ist das Gehirn, genauer gesagt die Hirnanhangdrüse und das Zwischenhirn. Sie entscheiden, wann es für dich Zeit ist, geschlechtsreif zu werden und regen dann die Herstellung von chemischen Botenstoffen, so genannten Hormonen an. Diese werden in Drüsenzellen produziert und über das Blut zu bestimmten Körperorganen transportiert, um ganz spezielle Informationen an sie weiterzugeben. Jedes einzelne Hormon hat dabei eine andere Aufgabe und das richtige Zusammenspiel der Hormone ist sehr wichtig.
Die Hormone, die maßgeblich für die Veränderungen in der Pubertät zuständig sind, nennt man Geschlechts- oder Sexualhormone. Sie haben bei Mädchen und Jungen unterschiedliche Fachbezeichnungen. Östrogen nennt man das wichtigste "weibliche" Sexualhormon, Testosteron das wichtigste "männliche". Diese Hormone, die in den Entwicklungsjahren eine entscheidende Rolle spielen, gibt es aber nicht nur bei dem einen Geschlecht: Auch im Körper von Mädchen und Frauen wird Testosteron gebildet und in dem von Jungen und Männern Östrogen - nur eben in deutlich geringeren Mengen.
Zu Beginn der Pubertät sendet der Hypothalamus - die "Steuerungszentrale" im menschlichen Gehirn - chemische Signalstoffe an die Hypophyse, die auch "Hirnanhangdrüse" genannt wird und in der eine Vielzahl von Hormonen gebildet werden. Auf diese Weise erhält die Hirnanhangdrüse Informationen über die körperliche Entwicklung und produziert abhängig davon wichtige Botenstoffe wie das "Wachstumshormon" Somatropin, das vor allem für das Körperwachstum zuständig ist, und bestimmte Steuerungshormone, die die Keimdrüsen beeinflussen - bei Mädchen also die Eierstöcke, bei Jungen die Hoden. Die Keimdrüsen beginnen nun vermehrt mit der Produktion von weiblichen oder männlichen Sexualhormonen, insbesondere von Östrogen bei Mädchen und Testosteron bei Jungen.
Aber wie kommt es nun, dass wir einen Wachstumsschub erleben, die Stimme bei Jungen tiefer wird oder Mädchen rundlichere Körperformen bekommen? Die Hormone als Botenstoffe verteilen sich über die Blutbahn in deinem Körper und geben bestimmten Stellen deines Körpers das Signal, sich zu verändern, zum Beispiel zu wachsen. Die Hormone haben auch Einfluss auf deinen Gefühlszustand. Das bedeutet, dass Stimmungsschwankungen und Konflikte, die etwa mit deinen Eltern entstehen, nicht nur darauf zurückzuführen sind, dass du dich in deiner neuen Rolle als junger Mann oder junge Frau erst neu finden musst. Ein Großteil deiner Gefühle wird auch von den Hormonen mit beeinflusst. Deswegen solltest du immer im Hinterkopf behalten: Die körperlichen und psychischen Veränderungen während der Pubertät sind ganz normal und in vielen Fällen unvermeidbar! Jeder - auch deine Eltern, Großeltern oder älteren Geschwister - haben diese einmal durchlaufen. Du musst dich also nicht dafür schämen und kannst von ihnen ruhig auch Verständnis für deine schwierige Situation einfordern.
Das Zusammenspiel der Geschlechtshormone
Die Geschlechtshormone sind dafür verantwortlich, dass du in die Pubertät kommst und sich dein Körper auf die "Geschlechtsreife" einstellt. Diese Hormone werden in verschiedenen Drüsen gebildet und sind für eine ganze Reihe von Entwicklungen und Vorgängen verantwortlich, die den Körper und das seelische Befinden betreffen.
1. Follikel-stimulierendes Hormon (FSH): Es wird in der Hirnanhangdrüse gebildet und gibt Informationen an die Keimzellen weiter. Im weiblichen Körper bewirkt es das Wachstum und die Reifung der Eizellen im Eierstock, im männlichen Körper die Bildung der Samenzellen.
2. Luteinisierendes Hormon (LH): Auch dieses Hormon wird in der Hirnanhangdrüse produziert. Es regt bei der Frau den Eisprung und beim Mann die Reifung der Spermien an.
3. Progesteron: Dieses "weibliche" Sexualhormon wird bei Frauen in der Mitte des Zyklus' nach dem Eisprung im Eierstock gebildet und bereitet den Körper auf eine mögliche Schwangerschaft vor. In größeren Mengen wird es während einer Schwangerschaft ausgeschüttet und sorgt dafür, dass diese erhalten bleibt und sich die Brustdrüsen auf die Milchproduktion vorbereiten. Auch beim Mann wird es übrigens in kleinen Mengen in der Nebennierenrinde - einer Hormondrüse in den Nebennieren - produziert.
4. Östrogen: Das wichtigste "weibliche" Sexualhormon steuert die Vorgänge des weiblichen Zyklus' und der Fortpflanzung. Es sorgt bei Mädchen für das Wachstum der inneren und äußeren Geschlechtsorgane sowie die Ausbildung der Schleimhaut und Muskulatur in der Gebärmutter. Außerdem ist es dafür verantwortlich, dass in der Pubertät die Brüste wachsen und Mädchen eine "rundliche" Körperform bekommen. Östrogen wird vor allem in den Eierstöcken gebildet, aber auch in den männlichen Hoden wird es in geringeren Mengen produziert. Beim Mann sorgen Östrogene unter anderem dafür, dass die Spermien - also die Samenzellen - gesund heranreifen und beweglich bleiben, sie haben Einfluss auf das sexuelle Lustempfinden und steuern der "aggressiven" Wirkung des Testosterons entgegen. Allgemein ist Östrogen auch sehr wichtig für den Knochenaufbau.
5. Hypothalamus: Er ist ein Abschnitt des Zwischenhirns und steuert neben anderen wichtigen Vorgängen auch das Sexual- und Fortpflanzungsverhalten. Hier befindet sich bei Frauen und Männern das "Lust-" oder "Sexualzentrum".
6. Hirnanhangdrüse (Hypophyse): Sie ist eine wichtige Hormondrüse, die unter anderem auch für die Bildung von Sexualhormonen eine entscheidende Rolle spielt.
7. Eierstöcke (Ovarien): In den Eierstöcken der Frau befinden sich die weiblichen Keimzellen und dort werden wichtige Geschlechtshormone gebildet. Hier reift monatlich eine Eizelle heran, die dann von einer männlichen Samenzelle befruchtet werden kann.
8. Schwangerschafts-Choriongonadotropin (CG oder hCG): Es handelt sich um ein spezielles Hormon, das während der Schwangerschaft im Mutterkuchen (dem Gewebe in der Gebärmutter, in das sich das befruchtete Ei einnistet und von dem es sich nährt) gebildet wird. Es ist für die Erhaltung der Schwangerschaft zuständig.
9. Testosteron: Das wichtigste "männliche" Sexualhormon wird vor allem in den Hoden gebildet und ist für das Wachstum und die Entwicklung der Geschlechtsorgane sowie der typisch männlichen Geschlechtsmerkmale wie Bartwuchs, Muskelaufbau, breite Schultern oder eine tiefe Stimme zuständig. Weiterhin wirkt es auf die Samenproduktion und den Sexualtrieb. Auch Frauen bilden in den Eierstöcken und der Nebennierenrinde geringe Mengen an Testosteron, das bei ihnen zum Beispiel Einfluss auf das sexuelle Lustempfinden hat.
10. Hoden (Testikel): Die Hoden sind die Keimdrüsen des Mannes, die sich paarförmig im Hodensack befinden und zu den inneren männlichen Geschlechtsorganen gehören. In ihnen werden die Spermien gebildet und wichtige Sexualhormone wie Testosteron produziert.
11. Reize: Äußere Reize spielen eine entscheidende Rolle für das Lustempfinden und die Bildung von Sexualhormonen. Erreicht ein sexueller Reiz das Lustzentrum im Gehirn, gibt es zahlreiche "Befehle" an unterschiedliche Stellen des Körpers weiter und sorgt für die Ausschüttung von Hormonen wie Östrogen oder Testosteron. Diese sorgen zum Beispiel dafür, dass die Haut besser durchblutet wird und die Geschlechtsorgane anschwellen. Wenn etwa Blut in die männlichen Schwellkörper eindringt, richtet der Penis sich auf und wird steif.
12. Prolaktin (PRL): Es handelt sich um ein Hormon, das in der Hypophyse gebildet wird - in größeren Mengen wird es bei der Frau kurz vor der Monatsblutung und während der Schwangerschaft produziert. Nach der Geburt eines Kindes regt es die weiblichen Brustdrüsen zur Milchproduktion an und erhält diese aufrecht.
Wenn du noch mehr über die Pubertät und die körperlichen Veränderungen von Mädchen und Jungen erfahren möchtest, kannst du hier weiterlesen:
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