Griechenland und die Eurokrise: Wütende Proteste gegen die Sparpläne

Streit um die "Rettung" von Griechenland - Teil 1

Teil 1 von 2

11.10.2011

Griechenland ist in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Da das Land zur EU und zu den insgesamt 23 Ländern gehört, die den Euro als Geldwährung verwenden, könnte sich Griechenlands Krise auch auf diese Länder ausweiten. Das Ziel der Regierungen der übrigen Euro-Länder ist es daher, eine Pleite des südeuropäischen Staates zu verhindern. Die griechische Regierung plant nun viele Einsparungen und soziale Kürzungen. Zahlreiche wütende Griechen sind deshalb erneut auf die Straßen gegangen, um dagegen zu protestieren.

In der griechischen Hauptstadt Athen zogen erneut viele wütende Menschen auf die Straßen, um gegen die sozialen Kürzungen der Regierung zu protestieren. (Quelle: Philly boy92/ Wikimedia Commons)

Wie aber ist Griechenland überhaupt erst in diese Situation geraten? So ein Land funktioniert ungefähr wie der Haushalt einer Familie. Das heißt, die Ausgaben der Familie sollten nicht höher sein als die Einnahmen. Im Falle Griechenlands hat sich die Regierung der letzten Jahre allerdings nicht an diese Regel gehalten. Sie gab mehr Geld aus als eingenommen wurde. Das heißt in der Finanzfachsprache, dass ein so genanntes "Defizit" (also ein "Mangel") im Haushalt besteht.

Die Europäische Union (EU) hat nun beschlossen, Griechenland finanziell zu unterstützen - diese Hilfe ist aber an einige Bedingungen geknüpft, und das Land plant viele Einsparungen und soziale Kürzungen. Darunter haben vor allem die weniger wohlhabenden Griechen zu leiden - zum Beispiel Rentner und Studenten, aber auch Staatsbedienstete wie Lehrer. Viele Menschen bangen um ihren Job - denn zahlreiche Stellen sollen gestrichen werden und die Situation auf dem Arbeitsmarkt wird künftig immer unsicherer. Deshalb ist es in Griechenland erneut zu Protesten gekommen: Viele Griechen sind empört über die Maßnahmen der Regierung und ziehen auf die Straßen, um gegen die Sparpläne zu protestieren. Denn sie empfinden es als ungerecht, dass sie die Leidtragenden für die Fehler der griechischen Regierung sein sollen.

Warum steckt Griechenland tief in der Krise?

Die Finanzkrise in Griechenland hat verschiedene Gründe - zum einen ist die Wirtschaftskraft recht niedrig, zum anderen nimmt das Land zu wenige Steuern ein und hat zu hohe Ausgaben. (Quelle: Manfred Nuding/ pixelio.de)

Dieser "Haushaltsdefizit" in Griechenland hat verschiedene Gründe - zum einen ist die Wirtschaftskraft Griechenlands recht gering. Das Land kauft daher viel mehr Produkte aus dem Ausland ein als es ins Ausland verkauft. Hinzu kommt, dass der Staat weniger Steuereinnahmen hat als andere Länder - Steuern sind Abgaben, die die Bürger an den Staat zahlen: Wer Geld verdient, muss einen gewissen Teil davon abgeben, aber auch bei allen Dienstleistungen und Waren zahlt der Käufer stets eine so genannte "Umsatzsteuer" (auch "Mehrwertsteuer"), die schon im Preis enthalten ist.

Viele Griechen bezahlen aber keine Steuern und werden dafür nicht bestraft, weil die Behörden es nicht schaffen, die "Steuersünder" zu verfolgen und zu bestrafen. Die reichsten Griechen haben ihr Geld schon seit Jahren im Ausland angelegt und zahlen in Griechenland so gut wie keine Steuern. Hinzu kommt, dass die Korruption ("Bestechlichkeit") laut der EU in Griechenland ein ernstes Problem ist. So bekommen manche Steuerbeamte von manchen Griechen Geld zugesteckt, um keine Steuern bezahlen zu müssen.

Auf der anderen Seite gibt der Staat recht viel Geld aus. So gibt es in Griechenland ziemlich viele Leute, die bei staatlichen Stellen arbeiten und daher auch vom Staat ihre Gehälter bekommen. Insgesamt sind es 1,1 Millionen Beamte bei elf Millionen Einwohnern - das heißt, jeder zehnte Grieche bekommt sein Gehalt vom Staat. Viel Geld gibt Griechenland außerdem für sein Militär aus: Liegt der Durchschnitt in der EU bei etwa 1,7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (das ist der Wert aller Waren und Dienstleistungen, die in einem Jahr innerhalb eines Landes hergestellt werden), so gibt Griechenland fast 3,5 Prozent davon für Waffen und die Bezahlung von Soldaten aus. Viele Waffen, wie Panzer und U-Boote, kauft der griechische Staat in Deutschland.

Hinzu kommt, dass die Renten in den letzten Jahren stärker als die Löhne gestiegen sind. Ein besonders großes Problem bei den Staatsausgaben sind aber die Schulden, die der griechische Staat bezahlen muss. Griechenland hat sich, wie jeder andere Staat auch, über Jahre Geld bei privaten Banken geliehen. Dafür muss das Land Zinsen bezahlen. Das heißt, wenn sich der Staat etwa 100 Euro borgt, muss er später dafür 110 Euro zurückzahlen. Natürlich hat sich Griechenland nicht nur 100 Euro geliehen, sondern viele Milliarden. Deshalb muss das Land auch sehr viel mehr Geld an die Banken zurückzahlen. Weil es das viele Geld nicht hat, borgt es sich neues, um damit die alten Schulden zu bezahlen. Das erhöht aber wieder insgesamt die Schulden und macht die Lage noch schlimmer. Wirtschaftsexperten sprechen in dieser Situation von einer "Schuldenfalle".

Hilfe für Griechenland durch die EU

Die EU sieht vor, Griechenland mit einem "Rettungspaket" zu unterstützen: Das Land soll von allen EU-Staaten Geld bekommen, damit es nicht zahlungsunfähig wird. (Quelle: Gerd Altmann/ pixelio.de)

Weil die Situation so ernst ist, hat sich die EU entschlossen, die Schulden von Griechenland zu bezahlen, falls das Land es nicht selber schafft, seine Finanzen in den Griff zu bekommen. Griechenland soll von allen EU-Ländern Geld bekommen, damit der Staat nicht zahlungsunfähig wird. Wenn Griechenland kein Geld mehr hätte, könnte nämlich eine gefährliche Situation entstehen, befürchten die Regierungen. Dabei lauern die Gefahren sowohl in Griechenland selbst wie auch in den anderen Ländern. Experten befürchten Unruhen und Chaos, wenn der griechische Staat seine Angestellten, die Rentner, Arbeitslosen, Polizeibeamten und viele andere nicht mehr bezahlen könnte.

Aber auch außerhalb Griechenlands befürchten die Politiker Probleme. Da die europäischen Banken Griechenland sehr viel Geld geliehen haben, bekommen sie natürlich auch sehr viel Geld zurück. Wenn Griechenland aber pleiteginge, würden die Banken das ihnen zustehende Geld nie mehr wiedersehen. Das könnte dazu führen, dass die Banken selbst in finanzielle Schwierigkeiten kommen und ihrerseits kein Geld mehr an andere Kunden ausgeben würden.

Bei dieser Diskussion geht es vor allem um Banken aus Frankreich oder Deutschland, die dem griechischen Staat viel Geld geliehen haben. Institute in den beiden Ländern haben nach einem Bericht der US-amerikanischen Wirtschaftszeitung insgesamt 119 Milliarden Dollar (das sind 87 Milliarden Euro) in Form von Krediten an Griechenland gezahlt. Ein "Kredit" ist eine Geldsumme, die sich jemand für einen bestimmten Zeitraum leiht - er muss das Geld später zurückzahlen und es fallen zusätzliche Zinsen an, an denen wiederum die Banken verdienen. Die Banken selbst verraten nicht, wie viel sie dem griechischen Staat tatsächlich gegeben haben, weil sie befürchten, dass die Leute sonst Angst bekommen würden, dass ihr Geld nicht mehr sicher ist. So sagte der Chef der Deutschen Bank, das Engagement seiner Bank gegenüber Griechenland sei "relativ gering". Ob das nun zehn Millionen oder zehn Milliarden sind, weiß keiner genau. Aber auch andere deutsche Bankinstitute haben sehr viel Geld an Griechenland gegeben. So sollen die Commerzbank und die HRE zweistellige Milliardenbeträge an Griechenland überwiesen haben.

Wie viel Geld ist überhaupt eine Milliarde? 10.000 100-Euro-Scheine sind eine Million Euro. Wenn man diese als Geldbündel übereinander legen würde, wäre der Stapel etwas höher als ein Tisch. Eine Milliarde aber ist tausendmal mehr, so dass der Milliarden-Stapel insgesamt eine Höhe von einem Kilometer hätte. Und das wäre erst eine einzige Milliarde. Bei den Rettungspaketen geht es aber insgesamt um hunderte solcher kilometerhohen Geldstapel.

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letzte Aktualisierung: 08.06.2012

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