von Christoph Hühnergarth - 20.12.2009
Es schneite Konfetti auf den ohnehin schon leicht schneebedeckten Rasen der Leverkusener BayArena und der Ohrwurm "Hey, was geht ab? Wir feiern die ganze Nacht" schallte aus den Lautsprechern. Die Mannschaft von Bayer Leverkusen ist soeben Herbstmeister der Fußball-Bundesliga geworden! Doch bringt dieser Titel der Bayer-Elf wirklich etwas? Leverkusen ist zur "Halbzeit" der aktuellen Saison Tabellenführer, aber abgerechnet wird erst zum Schluss - und da stand Bayer bisher immer mit leeren Händen da.
Nachdem Schiedsrichter Jochen Drees Leverkusens letztes Spiel des Jahres gegen Borussia Mönchengladbach abgepfiffen hatte, gab es kein Halten mehr. Durch den hart erkämpften 3:2-Erfolg gegen Mönchengladbach überwintert die Mannschaft von Trainer Jupp Heynckes an der Tabellenspitze. Fans und Mannschaft feierten zusammen, als hätten sie gerade die Deutsche Meisterschaft gewonnen. Davon ist Bayer Leverkusen aber noch weit entfernt, denn erst am Ende der Saison wird der Meistertitel vergeben - und da ging Leverkusen bislang immer leer aus. Erst zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte steht Leverkusen zum Ende der Hinrunde ganz vorne in der Tabelle. Doch dass dies die Mannschaft bisher eher gehemmt als beflügelt hat, zeigte die Saison 2001/2002: Damals wurde Leverkusen als Herbstmeister am Ende der Saison nur Vizemeister, verlor das Finale der Champions-League und wurde auch nur Zweiter im DFB-Pokal. Dem Verein hing ab sofort der Ruf von "Bayer Vizekusen" an, weil der Mannschaft in den entscheidenden Momenten immer die Nerven zu versagen schienen.
Im letzten Spiel dieses Jahres gegen Mönchengladbach aber behielt Bayer die Nerven. Trotz eines zwischenzeitlichen 1:2-Rückstandes drehte die Bayer-Elf die Partie und siegte letztendlich aufgrund einer tollen kämpferischen Leistung. Der erst 19-jährige Toni Kroos war mit zwei Toren bester Mann des Spiels. "Bei uns passt zurzeit alles, wir haben eine gute Mischung", freute sich Mannschaftskollege Stefan Kießling, der momentan mit zwölf Treffern treffsicherste Stürmer der Bundesliga. "Wir haben junge, hungrige und genauso erfahrene Spieler. Und dazu einen sehr guten Trainer." Tatsächlich scheint der älteste Trainer der Bundesliga, Jupp Heynckes (64), maßgeblichen Anteil am Leverkusener Erfolg zu haben. Der erfahrene Heynckes hat seinem Team offenbar die Leistungsschwankungen der vergangenen Jahre ausgetrieben. Ob es am Ende sogar für Bayers allererste Meisterschaft reicht, bleibt abzuwarten. Statistisch gesehen sind die Chancen für Leverkusen gut, denn in 46 Jahren Fußball-Bundesliga wurde 31 Mal der Herbstmeister auch Deutscher Meister. Dafür aber müsste Bayer endlich den Ruf von "Bayer Vizekusen" ablegen.
FC Schalke 04 und Bayern München dicht hinter Leverkusen
Zweiter der Tabelle ist nach Ende der Hinrunde überraschend der FC Schalke 04 mit "Meistertrainer" Felix Magath. Magath ist im vergangenen Jahr mit dem VfL Wolfsburg ebenso überraschend Deutscher Meister geworden und setzt nun seine hervorragende Arbeit bei Schalke nahtlos fort. Trotz finanzieller Schwierigkeiten des Vereins führt der wegen seiner harten Trainingseinheiten berüchtigte Magath die Schalker zu großem Erfolg. Mit dem durchschnittlich jüngsten Team der Liga, bestehend aus bisher weitgehend unbekannten Spielern, überraschte Magath alle Fußball-Experten. Kaum jemand hätte der Schalker Mannschaft, die im Schnitt gerade einmal rund 23 Jahre alt ist, eine durchgehend gute Leistung zugetraut. Auch in ihrem letzten Spiel des Jahres überzeugten die "Königsblauen" und gewannen gegen Aufsteiger Mainz 05 durch einen Treffer von Jefferson Farfan mit 1:0.
Auch dem FC Bayern München gelang ein versöhnlicher Jahresabschluss. Nach dem sportlich schlechtesten Saisonbeginn des FC Bayern seit Vereinsgründung fing sich die Mannschaft in den vergangenen Wochen und zeigte beeindruckenden Offensiv-Fußball. Auch gegen Hertha BSC Berlin gelang ein souveräner 5:2-Erfolg. Das Team des noch vor einigen Wochen heftig umstrittenen Trainers Louis van Gaal erzielte 14 Tore in den vergangenen drei Spielen. Besonders beeindruckend war dabei der 4:1-Sieg beim italienischen Spitzenclub Juventus Turin in der Champions-League. Die Mannschaft ist derzeit voller Spielfreude, weshalb sich Star-Stürmer Mario Gomez ärgert, dass ausgerechnet jetzt Winterpause ist: "Ich ärgere mich, dass Weihnachten kommt, denn ich denke, wir hätten auch die nächsten Spiele so weitergespielt", sagte der Torjäger, der sechs Tore in den vergangenen sechs Spielen erzielen konnte. "Wir dürfen uns jetzt auch nicht aufhalten lassen von der Winterpause. Noch sind wir nicht auf Platz eins und so lange wir da nicht sind, sind wir auch nicht gut genug."
Düstere Aussichten für Traditionsverein Hertha BSC
Am unteren Ende der Tabelle ist Hertha BSC Berlin extrem abstiegsgefährdet. Nur ein Spiel, nämlich das erste der Saison, konnte die Mannschaft aus der Hauptstadt gewinnen. Seitdem wartet das Team von Trainer Friedhelm Funkel auf einen Sieg. Bereits zehn Punkte beträgt der Abstand auf einen Nicht-Abstiegsplatz. Noch nicht ganz so abgeschlagen, aber dennoch abstiegsgefährdet sind der 1. FC Nürnberg und der 1. FC Köln mit Nationalstürmer Lukas Podolski. Auch Bochum, Hannover, Freiburg und Stuttgart stecken im Abstiegskampf, wenngleich sich die Stuttgarter seit kurzem wieder im Aufwind befinden.
Bester Aufsteiger aus der Zweiten Bundesliga ist bislang der FSV Mainz 05, der auf Rang 9 überwintert. Die Rheinhessen beeindruckten mit technisch starkem Fußball und besiegten sogar die Münchner Bayern. Die beiden anderen Aufsteiger, Nürnberg und Freiburg, stecken hingegen im Abstiegskampf. Enttäuschend verläuft die Saison bislang für den Deutschen Meister VfL Wolfsburg und die finanzstarken Hoffenheimer. Wolfsburg liegt nur auf Tabellenplatz 8 und ist auch schon in der Champions-League ausgeschieden. Besonders die Abwehr der "Wölfe" entpuppt sich in dieser Saison allzu oft als Schwachstelle der Mannschaft. Auch 1899 Hoffenheim hat höhere sportliche Ziele als Tabellenrang 7. Borussia Dortmund, der Hamburger SV und Werder Bremen können dagegen mit dem bisherigen Saisonverlauf zufrieden sein. Alle drei Mannschaften halten Anschluss an die Tabellenspitze. Besonders groß spielte Trainer Jürgen Klopps junge Mannschaft aus Dortmund zuletzt auf: Die "Schwarz-Gelben", die in diesem Jahr ihr hundertjähriges Vereinsjubiläum feiern, sind seit sieben Spielen ungeschlagen und gewannen die letzten vier Partien.
Torjäger und Vorlagengeber: Stefan Kießling und Mesut Özil führen die Liga an
Bester Torjäger der aktuellen Saison ist Nationalstürmer Stefan Kießling von Bayer Leverkusen (zwölf Tore), gefolgt von Dortmunds Lucas Barrios (neun Tore) sowie Mario Gomez (FC Bayern München) und Kevin Kuranyi (FC Schalke 04), die jeweils acht Mal getroffen haben. Spieler mit den meisten "Assists" (englisch für Torvorlagen) ist Bremens Mesut Özil, der schon zehn Mal ein Tor eines Mitspielers direkt vorbereitet hat. Mittlerweile zeigt der türkischstämmige Mittelfeldspieler, der in Deutschland aufgewachsen ist, auch in der Deutschen Nationalmannschaft sein Können. Auch die "Scorer-Liste", in der Tore und Torvorlagen zusammengerechnet werden, führt der 21-jährige Özil zusammen mit Stefan Kießling an.
Die Rückrunde der Fußball-Bundesliga beginnt am 15. Januar 2010 mit der Begegnung zwischen Bayern München und 1899 Hoffenheim.
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