von Britta Pawlak - 27.04.2009
Ethik wird in Berlin weiterhin Pflichtfach bleiben. In einer großen Kampagne wollten die "Pro Reli"-Anhänger erreichen, dass künftig zwischen dem Schulfach Ethik und Religion gewählt und damit Ethik als Pflichtfach für alle Schüler abgeschafft wird. Doch im Volksentscheid stimmten nur 14 Prozent aller Wahlberechtigten dafür - damit ist die "Pro Reli"-Kampagne gescheitert. Während die einen fordern, dass Religion einen höheren Stellenwert in der Schule hat, halten die anderen einen gemeinsamen Ethikunterricht für alle Schüler - egal, welcher Religion sie angehören - für entscheidend. Ist das Modell in Berlin - einer Stadt, in der weniger als 30 Prozent aller Bürger katholisch oder evangelisch sind - zukunftsweisend?
An den Berliner Schulen ist Ethik ein Pflichtfach, während das Fach Religion als Zusatzangebot nach Wunsch von den Schülern gewählt werden kann. Die Initiative "Pro Reli" wurde vor allem von den Kirchen sowie den Parteien CDU und FDP unterstützt. Sie wollten erreichen, dass Religion von der 1. Klasse an als Wahlpflichtfach gewählt werden kann. Ethik sollte demnach kein Pflichtfach mehr sein, sondern zukünftig sollte zwischen den beiden Fächern gewählt werden.
Mindestens 25 Prozent aller Wahlberechtigten hätten mit "Ja" stimmen müssen, um die Initiative zu einem Erfolg werden zu lassen. Außerdem hätte die Zahl der Stimmen die abgegebenen Nein-Stimmen übersteigen müssen. Doch nur 29,2 Prozent der rund 2,4 Millionen Wahlberechtigten gaben überhaupt ihre Stimme ab - und mit nur 14 Prozent scheiterte "Pro Reli" deutlich. Nur in einem einzigen Bezirk - dem westlichen Bezirk Steglitz-Zehlendorf - stimmten mehr als 25 Prozent der Bürger mit "Ja".
Gemeinsam über Werte diskutieren
Religion müsse in der Schule einen höheren Stellenwert haben, da sie und Bildung zusammengehören, hieß es von Seiten der "Pro Reli"-Befürworter. Die Gegner der Initiative finden, dass das Fach Ethik in einer multikulturellen Stadt wie Berlin, in der gerade einmal 29 Prozent der Bürger den beiden großen christlichen Kirchen angehören, einen entscheidenden Beitrag zur Wertevermittlung der Schüler darstellt - und zwar unabhängig davon, welcher Glaubensrichtung sie angehören und welche Weltanschauungen sie vertreten. Und jeder Schüler hätte schließlich die Möglichkeit, wahlweise auch den Religionsunterricht zu besuchen.
Viele Menschen sehen das Berliner Modell, bei dem Ethik ab der siebten Klasse Pflichtfach ist, als zukunftsweisend auch für andere Bundesländer. In einigen Städten wie zum Beispiel Frankfurt leben anteilig noch weitaus mehr Bürger als in Berlin, die nicht-christlichen Religionen angehören. Im Erziehungs- und Bildungsbereich müsse diese Entwicklung berücksichtigt werden, fordern die Befürworter eines gemeinsamen Ethikunterrichts für alle. Das Fach Ethik, bei dem es auch um Werte wie Toleranz geht, sei darüber hinaus für alle Schüler von Bedeutung. Es sei wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen gemeinsam über entscheidende Werte im menschlichen Zusammenleben diskutieren und nicht nach Glaubensrichtungen getrennt werden, wenn diese Themen im Schulunterricht besprochen werden.
Welchen Stellenwert hat die Religion in der Schule?
Während die Kirchen und viele christliche Glaubensanhänger fordern, dass das Christentum und seine Wertevermittlung mehr Gewichtung im Schulunterricht haben sollte, stellen einige Kritiker die Frage: Inwieweit gehört das Fach Religion, sofern es eine bestimmte Glaubensrichtung vorgibt, überhaupt auf den Lehrplan der Schule?
In Ethik würden schließlich zum großen Teil ähnliche Themen durchgenommen werden wie im Fach Religion. Allerdings würden diese neutraler und allgemeiner behandelt werden. Hier stehe im Vordergrund, die Schüler zum selbstständigen Denken und kritischen Hinterfragen von Werte-Debatten und Problemen, die das menschliche Zusammenleben betreffen, anzuleiten - aber nicht, ihnen Meinungen vorzugeben und sie in Glaubensfragen zu beeinflussen.
Die meisten sind zwar dafür, dass die Schüler auch weiterhin das Fach Religion wählen können. Ob der Religionsunterricht dann allerdings das gemeinsame Fach Ethik ersetzen sollte, darüber gehen die Meinungen auseinander. Zumindest in Berlin hat sich eine deutliche Mehrheit dagegen entschieden. Das Bildungs- und Schulsystem ist jedoch Ländersache, und bisher sind Berlin, Bremen und Brandenburg die einzigen Bundesländer, in denen Religion nur noch ein Wahlfach ist. In Hamburg gibt es einen Religionsunterricht für alle, der nicht an eine bestimmte Glaubensrichtung gebunden ist.
Wie ist deine Meinung zum Thema? Sollte es einen gemeinsamen Ethikunterricht für alle Schüler geben und Religion zusätzlich gewählt werden können? Oder sollte die christliche Religion wieder einen größeren Stellenwert im Unterricht haben? Wie wichtig ist die Wertevermittlung im Schulunterricht und welche Fächer sollten auf dem Lehrplan stehen? Im unten verlinkten Diskussionsforum kannst du dich mit anderen Lesern austauschen.
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