19.01.2009
Ganz Deutschland blickte in diesen Tagen nach Hessen: Die Neuwahlen sind nicht nur in dem Bundesland von Bedeutung, sondern haben auch Auswirkungen auf die Mehrheit im Bundesrat. Wie erwartet hat die CDU einen deutlichen Vorsprung vor der SPD. Nach den Uneinigkeiten innerhalb der Partei und dem umstrittenen Kurs von Andrea Ypsilanti, die mit den Grünen unter Beteiligung der Linkspartei regieren wollte, hat die SPD stark an Stimmen eingebüßt. Roland Koch (CDU), dem noch vor einem Jahr ein fremdenfeindlicher Wahlkampf vorgeworfen wurde, bleibt nun hessischer Ministerpräsident. Die CDU wird gemeinsam mit der FDP regieren, die sich über einen deutlichen Stimmenzuwachs freut.
Ministerpräsident Roland Koch kündigte an, mit der FDP zügig eine Regierung zu bilden. Die CDU und die strahlenden Wahlgewinner von FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn streben schnelle Verhandlungen zu einer schwarz-gelben Koalition (Regierungsbündnis) an, wie es sie in Hessen zuletzt von 1999 bis 2003 gab.
Die Gewinner der Hessen-Wahl sind nicht die großen Parteien, sondern die FDP und die Grünen. Beide profitierten von den schlechten Ergebnissen der Sozialdemokraten und auch der CDU. FDP-Vorsitzender Guido Westerwelle sprach von einem "herausragenden Wahlsieg" und einem "Auftakt nach Maß" für das Wahljahr 2009. Die FDP erreichte am Sonntagabend ihr bestes Ergebnis einer Landtagswahl seit rund 50 Jahren.
Nach dem vorläufigen Ergebnis erhielt die CDU am Wahlsonntag 37,2 Prozent, die SPD 23,7 Prozent. Die FDP erreichte 16,2 Prozent und die Grünen kamen auf 13,7 Prozent der Stimmen. Die Linkspartei schaffte mit 5,4 Prozent den Einzug in den Hessischen Landtag.
Die SPD ist der große Verlierer
Nach der Landtagswahl im Januar 2008 kam es zu keiner Regierungsbildung, da die Stimmen der einzelnen Parteien für mögliche Bündnisse nicht ausreichten. Denn die Parteien müssen gemeinsam auf mehr als die Hälfte der Wählerstimmen kommen, um zu regieren. Nachdem auch der Plan Andrea Ypsilantis scheiterte, eine Minderheitsregierung mit den Grünen unter Beteiligung der Linkspartei durchzusetzen, wurden Neuwahlen angesetzt.
Monatelang war Ypsilantis Lieblingsspruch: "Bei uns geht es nicht um Personen, sondern um Inhalte." Doch ihr angekündigtes Vorhaben, Roland Koch als hessischen Ministerpräsidenten abzusetzen und in Hessen wieder mehr soziale Themen in den Mittelpunkt zu rücken, endete in der Katastrophe. Das Vertrauen der Wähler hat sie schon längst nicht mehr, und auch den Rückhalt aus der eigenen Partei hat sie verloren.
Die meisten sehen Andrea Ypsilanti als Hauptverantwortliche für das Wahlergebnis. Durch einen Stimmenverlust von 13 Prozent sank es auf einen historischen Tiefstand: Es ist das schlechteste Ergebnis der Sozialdemokraten seit 1946. Unmittelbar nachdem die Wahllokale geschlossen waren und die ersten Ergebnisse bekannt wurden, trat die Parteivorsitzende Andrea Ypsilanti vor die Presse und gab ihren Rücktritt bekannt. Sie hat damit die Konsequenzen aus der Wahlniederlage gezogen. Thorsten Schäfer-Gümbel übernimmt den Scherbenhaufen in der hessischen SPD und wird nun endgültig ihr Nachfolger.
Özdemir fordert Koch zum Rücktritt auf
Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Grünen, forderte auch den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch zum Rücktritt auf. "Wenn Herr Koch noch einen Funken Anstand hat, dann zieht er jetzt die Konsequenzen daraus und macht den Weg frei auch für einen personellen Neubeginn in Hessen", sagte Özdemir. Er begründete seine Forderung damit, dass die CDU trotz der massiven Verluste der SPD kaum an Stimmen hinzugewonnen hat. Auch die starken Stimmenzuwächse der FDP zeigten, dass "die Leute Koch nicht wollten".
Nur etwa 61 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Hessen gaben bei der Landtagswahl ihre Stimme ab. Das ist ein neuer Negativ-Rekord und zeigt, dass viele Menschen in Hessen von dem Programm keiner Partei überzeugt waren.
Das Ergebnis der Wahl hat auch Auswirkungen auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat: Die Große Koalition zwischen CDU und SPD unter Kanzlerin Angela Merkel wird dort ihre knappe Mehrheit verlieren. Das macht das Regieren für die beiden großen Parteien schwieriger, Beschlüsse könnten dadurch blockiert werden. Der Bundesrat vertritt die einzelnen Bundesländer und kann zum Beispiel seine Zustimmung für neue Regelungen, welche die Regierung beschlossen hat, verweigern.
Mehr Informationen über die Landtagswahl in Hessen und die Hintergründe dazu findest du in den unten verlinkten Artikeln.
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